24. Juni 2014

KGNW zum Urteil des LSG Berlin-Brandenburg zum AOK-Navigator

„Die AOK triumphiert zu früh. Zur Halbzeitpause steht das Endergebnis nicht fest. Inhaltlich ist noch nichts entschieden und wir werden weiterhin alle gerichtlichen Mittel nutzen, um die Schwächen der QSR-Daten der AOK aufzudecken und die fehlerhaften Klinikvergleiche zu stoppen“, widerspricht Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, der Bewertung der AOK zum Stand der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Datengrundlage des AOK-Krankenhausnavigators.

„Kein Bereich im Gesundheitswesen ist so transparent bei der Qualität wie die Krankenhäuser. Wir sprechen uns klar für einen Qualitätswettbewerb aus, aber dies muss von unabhängiger Seite auf methodisch sauberer Grundlage und mit transparenten und fairen Spielregeln stattfinden. Deswegen begrüßen wir ausdrücklich das auf Bundesebene geplante neutrale Qualitätsinstitut“, erklärte Blum.

Zur Entscheidung des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg vom 11.06.2014 zu den von der AOK im Vergleichsportal Krankenhausnavigator verwendeten QSR-Daten (Qualitätssicherung mit Routinedaten) weist die KGNW darauf hin, dass noch keine schriftliche Begründung vorliegt. Eine abschließende Bewertung sei übereilt. Aufgrund der Verhandlung und der mündlichen Begründung sei aber klar, dass das Gericht die Beschwerde nicht aufgrund der Beurteilung der rechtlichen oder fachlichen Seite zurückgewiesen hat. Das Gericht sah sich außer Stande die fachliche Seite zu beurteilen und auch keinen Grund, abschließend rechtlich zu entscheiden.

Aufgrund des tatsächlichen, fortgesetzten Erfolges des Krankenhauses in dem Leistungsbereich hat das Gericht nur die Eilbedürftigkeit verneint, da die Fallzahlen aufgrund der AOK-Bewertung nicht gesunken sind. „Das bedeutet bei Lichte: Patienten und Ärzte vertrauen jedenfalls beim St. Antonius-Hospital in Eschweiler dem AOK-Navigator aus guten Gründen nicht“, so der KGNW-Geschäftsführer.

In der Sache bleiben für die Krankenhausseite auch aufgrund der Einlassungen des Gerichtes gravierende Zweifel, ob sich die AOK überhaupt auf gesetzlicher Grundlage bewegt und ob die Beurteilungen sach- und fachgerecht sind. Die KGNW ist über den Prozessverlauf zur endgültigen Überzeugung gekommen, dass die Bewertungen gravierende fachliche Defizite aufweisen, die dazu führen, dass die AOK-Bewertung ein für den Nutzer irreführendes Qualitätsbewertungsverfahren darstellt. Die AOK ist durchgehend nicht in der Lage, die Einhaltung wissenschaftlicher Standards zu belegen.

„Vor diesem Hintergrund sowie aufgrund der Zwischenergebnisse der rechtlichen Auseinandersetzung im Eilverfahren, der weiterhin fehlenden vollständigen Transparenz der Datengrundlagen sowie der Bewertungsmethodik werden die Krankenhäuser ihre Beschwerden gegenüber dem AOK-Navigator weiterhin mit allen Mitteln gerichtlich vorantreiben“, erklärte der KGNW-Geschäftsführer.

Die aktuelle Untersuchung „Geringe Korrelation von Krankenhausführern kann zu verwirrenden Ergebnissen führen“ (C. Thielscher et al, 2013) zeigt, dass verschiedene deutsche Krankenhausführer – unter anderen auch der AOK-Krankenhaus-Navigator – zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen über die Qualität von Kliniken kommen. Während der eine Führer ein bestimmtes Krankenhaus empfiehlt, rät der der andere vom Besuch des Hauses ab. Umso wichtiger ist eine bundeseinheitliche und rechtssichere Klärung, wie wir Qualität definieren und wie wir diese richtig messen wollen.

Zum gerichtlichen Fortgang erklärt die KGNW, dass das Eilverfahren im Musterverfahren des Krankenhauses Gummersbach-Waldbröl weitergeführt wird. Parallel dazu werden – unter Berücksichtigung der schriftlichen Entscheidungsgründe des LSG Berlin-Brandenburg – in den Musterverfahren des St. Antonius Hospitals Eschweiler und des Krankenhauses Gummersbach-Waldbröl die Hauptsacheverfahren eingeleitet.

Die AOK stellt auch einem Bezug zur „Initiative Qualitätsmedizin“ (IQM) her, den es so nicht gibt. Kliniken, die bei IQM mitmachten, könnten aufgrund des Urteils jetzt weiter die Ergebnisse ihrer Qualitätsindikatoren veröffentlichen. Dies könnten sie auch dann, wenn das Gericht dem Antrag des klagenden Krankenhauses stattgegeben hätte. Denn beides hat nichts miteinander zu tun. IQM verwendet zudem einen anderen Satz von Qualitätsindikatoren als die AOK-QSR, nämlich den GIQI 4.0, der von der TU Berlin gepflegt wird und ist von den fachlichen Mängeln der AOK-QSR-Bewertungen nicht betroffen. Kliniken nehmen an dem IQM-Verfahren freiwillig teil, können sich also auch für eine Nicht-Teilnahme entscheiden. Das geht bei der AOK-QSR nicht. Es gibt bei IQM keinen Vergleich, keine Lebensbäume und kein Ranking wie die Veröffentlichung im Magazin „Stern“. Man ist sich bewusst, wo die Grenzen der verfügbaren Qualitätsindikatoren liegen und schafft Transparenz in einer Form, die nicht irreführt. IQM-Krankenhäuser erhalten laut Kenntnis der KGNW lediglich im Rahmen ihrer Mitgliedschaft den QSR-Klinikbericht von der AOK. Ursprünglich einmal aus einer gemeinsamen Initiative entstanden, gehen IQM und AOK-QSR seit 2007 getrennte Wege.

Die medizinischen Leistungen der Krankenhäuser werden heute in einem qualitätssichernden und qualitätsfördernden Rahmen erbracht, der weltweit seinesgleichen sucht. Die Krankenhäuser Deutschlands sind Transparenzweltmeister. Durch die etablierte externe Qualitätssicherung werden bereits 464 Qualitätsindikatoren, 3,6 Mio. Datensätze und 20 Prozent der Krankenhausfälle ausgewertet.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat am 9. Mai 2014 ihre "Positionen zur Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und der Patientensicherheit" vorgestellt.