12. Dezember 2013
KGNW-Forum 2013: Kliniken fordern von Bund und Land nationalen Kraftakt für faire Finanzierung
An die Krankenhäuser werden im Koalitionsvertrag der Großen Koalition und im neuen Krankenhausplan für Nordrhein-Westfalen höchste Anforderungen bei Qualität und Personal formuliert. Die faire Refinanzierung der Betriebs- und Investitionskosten bleibt weiterhin unklar. Wir brauchen endlich eine nachhaltige Lösung und fordern einen nationalen Kraftakt von Bund und Land, erklärte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), beim jährlichen Forum des Verbandes der 385 Kliniken. Laut Koalitionsvertrag soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe im kommenden Jahr die Eckpunkte einer Krankenhausreform erarbeiten.
In Neuss diskutieren rund 350 Klinikvertreter und Gäste aus dem Gesundheitswesen und der Politik unter dem Titel „Bund, Länder und Krankenkassen ringen um Kompetenzen und Finanzen – wo bleiben die Krankenhäuser?“. Auf dem Podium tauschten NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens, die Vorstandsvorsitzenden des Verbandes der Ersatzkassen Ulrike Elsner, Professor Jonas Schreyögg von der Universität Hamburg, der ein Gutachten zu Ursachen und Lösungen der Leistungsentwicklung in den Krankenhäusern erarbeitet, sowie der Vizepräsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft Wolfgang Pföhler und KGNW-Präsident Brink ihre Positionen aus.
Nach den aktuellen Ergebnissen des Krankenhaus-Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts hat jede zweite Klinik in 2012 rote Zahlen geschrieben. „Der Druck in unseren Häusern ist riesengroß. Wir können unseren Patienten und Mitarbeitern nicht länger zumuten, dass Tariferhöhungen über Stellenabbau und weitere Arbeitsverdichtung refinanziert werden müssen“, so KGNW-Präsident Brink.
Professor Bert Rürup hat schon im Jahr 2008 im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums bestätigt, dass sich der Investitionsbedarf für die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser auf jährlich rund 1,2 Mrd. Euro belaufe. Bei aktuell rund 500 Mio. Euro Landesförderung fehlten also 700 Mio. Euro. „Das Land stellt nicht mal die Hälfte der erforderlichen Mittel zur notwendigen räumlichen und technischen Modernisierung zur Verfügung, aber erhöht im neuen Krankenhausplan die Anforderungen an die Strukturqualität der Häuser. Wir wollen die gewünschte Qualität gerne liefern, aber dann brauchen wir auch die entsprechenden Mittel“, appellierte Brink an die rot-grüne Landesregierung.
Das ungelöste Problem der Krankenhäuser sei laut KGNW die fehlende faire Finanzierung und nicht, wie der Koalitionsvertrag die Öffentlichkeit glauben machen wolle, die mangelnde Qualität in den Kliniken. Leider habe die Negativkampagne der Krankenkassen Wirkung bei den Politikern gezeigt. Hinter der Forderung der Kassen nach qualitätsorientierter Vergütung dürfe nicht das Ziel stehen, Krankenhausleistungen einem Preiswettbewerb auszusetzen, bei dem die Qualität auf der Strecke bliebe.
Kein Bereich im Gesundheitswesen sei so transparent bei der Qualität, wie die Krankenhäuser. Die Kliniken sprechen sich für einen Qualitätswettbewerb aus und stellen sich neben der erfolgreichen externen gesetzlichen Qualitätssicherung auch den Vergleichsportalen im Internet. Aber der Qualitätswettbewerb müsse von unabhängiger Seite auf methodisch sauberer Grundlage und mit transparenten und fairen Spielregeln stattfinden. Weil dies bei den Veröffentlichungen von sogenannten Routinedaten der AOK nicht gegeben sei, unterstütze die KGNW zwei Mitgliedshäuser bei ihren Klagen.
„Wir begrüßen grundsätzlich das im Koalitionsvertrag vorgesehene unabhängige Institut, das sektorübergreifend Routinedaten auswerten und veröffentlichen soll. Auch wenn die Umsetzung sicher schwierig wird und weitere Bürokratie droht, wäre es ein klarer Fortschritt in Sachen Neutralität“, sagte der KGNW-Präsident.
„Wir sind auch strikt gegen Selektivverträge die den Krankenkassen die Möglichkeit gäben, zugelassenen Krankenhäusern die Kostenübernahme für Patientenbehandlungen zu verweigern. Damit würden die im Wettbewerb stehenden Krankenkassen über Leistungsstrukturen und -kapazitäten in den Regionen entscheiden. Kliniken sind zentraler Baustein der elementaren Daseinsvorsorge. Deshalb muss die Letztverantwortung beim Land bleiben“, betonte Brink.
Einen Bettenabbau von rund 8.600 Betten tragen die NRW-Kliniken grundsätzlich mit und stellen sich den Verhandlungen darüber in den regionalen Planungskonferenzen. Krankenhäuser hätten auch schon in den letzten Jahren geschlossen oder sind fusioniert. Der Krankenhausmarkt in Nordrhein-Westfalen sei also längst in Bewegung und werde es bleiben.
„Aber wenn Politiker oder Krankenkassenvertreter meinen, dass wir zu viele Krankenhäuser haben, dann erwarten wir auch den Mut, den Bürgern vor Ort den angeblich überflüssigen Standort zu nennen. Wir gehen weiterhin davon aus, dass jedes im Krankenhausplan zugelassene Haus auch bedarfsnotwendig ist. Die steigenden Patientenzahlen und die Herausforderungen des demografischen Wandels bestätigen uns darin. Ein finanzielles Austrocknen der Krankenhausversorgung ist definitiv der falsche Weg und gefährdet nur dringend benötigte Strukturen“, erklärte Brink.