21. Juli 2009

Weg mit dem Numerus Clausus – Mehr Bewerber sollen Zugang zum Medizinstudium erhalten

Münster/Düsseldorf, 21. Juli 2009 – Vor dem Hintergrund von fast 1000 unbesetzten Stellen in den Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen fordern gemeinsam die Ärztekammern Westfalen-Lippe und Nordrhein sowie die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einen erleichterten Zugang zum Medizinstudium.

Der Numerus Clausus als vorherrschendes Zulassungskriterium dürfe nicht mehr länger zahlreichen geeigneten Bewerbern den Weg in die Medizin erschweren oder gar versperren. Vielmehr sollen Bewerber mit nachgewiesener Eignung den Weg ins Medizinstudium finden.

Das Problem wird immer größer: Zwar ist das Interesse am Medizinstudium ungebrochen, es kommen aber zu wenig Nachwuchsmediziner in der Patientenversorgung an. Das liegt zum einen an den ungünstigen Rahmenbedingungen für die ärztliche Berufsausübung: Eine immer höhere Arbeitsverdichtung in den Kliniken und die wachsende Bürokratie schrecken ab. Zum anderen sind oft auch Fehleinschätzungen der Studienanfänger dafür verantwortlich, dass junge Ärzte letztendlich nicht in die kurative Medizin gehen oder lieber ins Ausland wechseln.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Theodor Windhorst, fordert deshalb ein neues Zulassungssystem zum Medizinstudium. „Wir brauchen einen Mix an Qualifikationen, die Einser-Abitur-Note als einziges Auswahlkriterium ist das denkbar schlechteste Verfahren. Es muss vielmehr ein neues Auswahlverfahren eingeführt werden, das Eignung, Leistung und auch die Begeisterung für den Arztberuf bewertet. Wir brauchen junge Menschen mit Engagement und sozialer Kompetenz in der Medizin.“ Die Universitäten sollten nach Ansicht des ÄKWL-Präsidenten vermehrt Studienbewerber in Auswahlgesprächen auf ihre spätere fachliche Qualifikation überprüfen. Aufgrund einer Änderung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2004 können die Hochschulen 60 Prozent der Studienplätze nach eigenen Kriterien in einem eigenständigen Auswahlverfahren besetzen.

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) sieht einen zentralen Grund für den sich abzeichnenden Ärzte- und Nachwuchsmangel in der Reduzierung der Studienkapazitäten durch die Reform der Approbationsordnung im Jahr 2002. „Die Verringerung der Studienplätze muss zurückgenommen werden. Zudem müssen die Hochschulen finanziell und personell entsprechend ausgestattet werden, um eine qualitativ hochwertige Ausbildung gewährleisten zu können“, lauten die Forderungen von KGNW-Präsident Karsten Gebhardt an die Politik. Gebhardt hob ebenfalls hervor, dass zukünftig der Zugang zum Medizinstudium nicht mehr fast ausschließlich vom Abiturdurchschnitt abhängen dürfe. Zahlen belegen, dass die Nachfrage nach einem Studienplatz von bundesweit 35.385 Bewerbern im Winter- und Sommersemester 2002/2003 auf 48.105 Bewerber im Studienjahr 2007/2008 gestiegen ist. Gleichzeitig wurde aber die Zahl der Studienplätze von 10.537 (Studienjahr 2002/2003) auf 9907 Studienplätze (2007/2008) reduziert. „Die Zahl der Studienplätze muss deshalb deutlich erhöht werden“, so die Forderung des KGNW-Präsidenten.

„Der Numerus clausus ist in Zeiten des Ärztemangels - vor allem in der Allgemeinmedizin und in ländlichen Regionen - nicht mehr sinnvoll“, meint auch der Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein, Bernd Zimmer: „Im Westen wie im Osten Deutschlands gibt es zu wenige Kolleginnen und Kollegen, die Hausärzte werden wollen; die Krankenhäuser klagen über nicht besetzbare Arztstellen und der Facharztmangel, gerade auf dem Land, zeichnet sich schon ab. Der Numerus clausus hindert eine große Zahl von jungen Menschen mit dem Berufsziel Arzt am Medizinstudium und muss deshalb durch ein zielführendes Verfahren, die geeigneten Studienbewerber zu finden, ersetzt werden. Die Zahl der Studienanfänger ist - angepasst an die Altersverteilung der Bevölkerung und der Ärzteschaft - zu steigern.“