31. August 2017

Stimmungsvolle Kunst, die über Grenzen geht

Kohnen-Bilder in der LWL-Klinik Herten bis Ende November

Kolja Raic Kohnen wäre in diesen Tagen 32 Jahre alt geworden. Im Herbst 2012 setzte er seinem Leben ein Ende und wurde gerade einmal 27 Jahre alt. Viel zu jung, doch er hinterließ ein bemerkenswertes Vermächtnis. Denn Kolja Kohnen war ein Künstler, dessen Bilder nach seinem Tod Eindruck hinterlassen. „Dies ist einfach gute Kunst“, bewertete Kunstexperte Dr. Thomas Röske von der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg daher auch 2014 die Acrylbilder, Zeichnungen und Computerdrucke Kohnens.
Am vergangenen Dienstag (29.8.) eröffneten die Eltern Dagmar und Heinz Kohnen mit Unterstützung der LWL-Klinik Herten und der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen die Ausstellung mit seinen Bildern im Schlosscafé Herten.

Die Ausstellung im Schloss trägt den Titel „Beyond Kolja Raic Kohnen“, der deutlich macht, worum es in dieser Ausstellung geht. „Wir möchten Kolja im Rückblick nicht auf seine psychische Erkrankung reduzieren“, erläutert Dirk Sussmann, ein Freund der Familie Kohnen. „Vielmehr möchten wir zeigen, wozu er trotz seiner Krankheit – darüber hinaus (engl. beyond) – in der Lage war, nämlich fantastische und künstlerisch anspruchsvolle Bilder zu erstellen.“ Die Ausstellung soll weiterhin helfen, das Thema Psyche zu entstigmatisieren. Sie ist als Appell der Eltern an die Öffentlichkeit zu verstehen, psychische Erkrankungen offen anzusprechen und nicht totzuschweigen.

Vermutlich schon in jungen Jahren erkrankte der junge Künstler an einer Bipolaren Störung, die auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet wird. Sie geht einher mit extremen Stimmungs- und Antriebsschwankungen. Das Suizidrisiko ist sehr hoch.

Dass die Bilder Kohnens sehenswert sind und viele Bewunderer haben, davon zeugen verschiedene gut besuchte Ausstellungen in den zurückliegenden Jahren in mehreren Städten des Ruhrgebiets wie Marl, Gelsenkirchen, Essen, Wuppertal und Münster. Im Schloss Herten ist die Kohnen-Kunst bis zum 31. November 2017 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Zur Kunst von Kolja Raic Kohnen:
Kolja Raic Kohnen hat in seiner frühen Schaffensphase zunächst seine Ideen und Phantasien in der klassischen Ölmalerei (Leinwand, Pappe, Holz) ausgedrückt. Weitaus größere Ausdrucksmöglichkeiten fand er schnell beim Tablet Painting (Zeichnen auf dem Computer-Tablet). Hier schuf er eine neue Epoche, die auch in Anlehnung an die von ihm geschaffene Kunstfigur “Thomas Waelter" als "Waelterismus" bezeichnet wird. Diese neo-klassische Ausdrucksform entstand in langen oft dunklen Nächten, in denen der Künstler allein mit sich und der Krankheit nach neuen Ausdrucksformen suchte.

Zwei verschiedene Ausdrucksformen sind für seine Kunst typisch: Selbst erstellte farbgewaltige, explodierende dichte Darstellungen, die von den wechselnden Stimmungen seiner Krankheit geprägt waren, sowie unglaublich intensive Verfremdungen von Fotografien seiner Umwelt. Inzwischen hat diese Art der Malerei viele Anhänger gefunden. Durch die internationale Verbreitung über die sozialen Medien zeigen selbst Künstler aus den USA Interesse an dieser neuen neohumanen Stilrichtung. "Waelterismus" gilt heute als Geheimtipp unter den Kunstexperten und gilt für viele zeitgenössische Künstler als wegweisend.

Kohnen nutzte die Kunst als Ventil für seine Krankheit. Neben der Malerei galt seine große Leidenschaft der Literatur und der Musik. Er hörte sowohl klassische als auch moderne Pop-, Rock- und Jazzmusik. Seine Lieblingsautoren waren u.a. Thomas Mann, Hermann Hesse und Helge Schneider. Sein Nachlass enthält ebenso eine Vielzahl an eigenen Geschichten und Gedichten.

Weitere Bilder und Hintergründe auf der Homepage: http://www.heinzkohnen.com
Galerie: Kolja Raic Kohnen http://dgbs.de/dgbs-kreativ/malerei-zeichnungen-collagen/galerie-kolja-kohnen/

Bildzeile:
Die Eltern von Kolja Raic Kohnen (re.) und ein Freund der Familie vor einem Bild des verstorbenen Künstlers. (Bildquelle: LWL)