19. September 2011

Barbara Steffens zu Gast

NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

Vor Kurzem informierte sich Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, bei einem Besuch der Alexianer Aachen GmbH über die Situation von Sozial- und Gesundheitsangeboten.

Wohnbereichsdirektor Jürgen Amberg stellte die Arbeit des Alexianer-Wohnverbundes vor. Der Wohnverbund macht Menschen mit psychischen und geistigen Behinderungen sowie Menschen mit Suchterkrankung ein differenziertes Angebot. Dazu gehören stationäre und ambulante Wohn- sowie Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen der Eingliederungshilfe. Der Wohnverbund ist sozialräumlich in der Städteregion Aachen organisiert und betreut täglich rund 500 Menschen mit Behinderung. Durch Dezentralisierung und Ambulantisierung setzt er die zentrale Forderung der auch von Deutschland ratifizierten UN-Behinderten-konvention nach Inklusion, also voller gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen, um. Dies entspricht auch den Anforderungen des Wohn- und Teilhabegesetztes NRW. Als problematisch beschrieb Amberg, dass nach den gesetzlichen Neuregelungen Finanzierungslücken entstehen. Insbesondere betroffen sind Menschen mit Behinderung die Arbeitslosengeld II beziehen, aber nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Für sie gibt es aktuell keine gesicherte Finanzierung tagesstrukturierender Maßnahmen, die jedoch im Sinne der Inklusion und weiteren individuellen Stabilisierung der Betroffenen unverzichtbar seien.

Das Alexianer-Krankenhaus Aachen mit seinen 220 Plätzen für stationäre und tagesklinische Angebote auf dem Gebiet der Allgemeinpsychiatrie, der Gerontopsychiatrie, der qualifizierten Suchtbehandlung, Psychotherapie und Psychosomatischen Medizin stellten die beiden Chefärzte Dr. Michael Plum und Dr. Andreas Theilig sowie Pflegedirektor Michael Braun vor. Das Krankenhaus betreibt auch eine leistungsfähige Institutsambulanz mit dichtem Komplexleistungsangebot sowie einen differenzierten arbeitstherapeutischen Bereich. Insgesamt kommt ein weites Spektrum modernster Diagnoseverfahren, Therapien, Behandlungs- und Betreuungsansätze zum Einsatz. Der Ärztliche Direktor Dr. Plum verwies darauf, dass Psychiatriepatienten aufgrund zu geringer verfügbarer Behandlungs-kapazitäten im ambulanten wie im Krankenhausbereich oft zu lange auf eine Behandlung warten müssten. Zusätzlich wünschte er sich die Unterstützung der Ministerin bei der Umsetzung ambulanter Behandlungsangebote durch das Krankenhaus für Psychiatriepatienten zu Hause (Home-Treatment). Man war sich einig, dass hier keine Konkurrenz für niedergelassene Fachärzte entstehe, weil es um eine neue Form der Patientenversorgung durch das Krankenhaus gehe, die die Versorgung der Patienten verbessern und gleichzeitig die Kosten der stationären Behandlung reduzieren könne.

Die Aachener Alexianer verfügen in diesem Bereich durch ihr mehrfach gefördertes DemenzNetz über große Erfahrungen mit Fallmanagement. Qualifizierte Fallmanager betreuen hier Demenzerkrankte und ihre Angehörigen individuell zu Hause. Dadurch kann eine deutliche Verbesserung der Versorgungssituation erreicht werden. Auch die Notwendigkeit, die Patienten stationär aufzunehmen, sinkt durch die intensive persönliche Betreuung. Der stellvertretende Ärztliche Direktor Dr. Andreas Theilig mahnte eine Finanzierung dieser Leistungen durch die Krankenkassen an.

Ministerin Steffens griff die Anregungen in der Diskussion positiv auf. Sie berichtete von ihren Planungen, die Kommunen in NRW im Hinblick auf die demografische Entwicklung (immer mehr Menschen werden immer älter und benötigen Unterstützung) beim Aufbau quartiersbezogener Anlaufstellen und Betreuungsangebote zu unterstützen. Der Quartiersgedanke, etwa auch unter den Aspekten der Verkehrsplanung und Wohnraumentwicklung, solle stärker in den Vordergrund rücken. Auch bürgerschaftliches Engagement könne bei quartiersbezogenen Planungen gut integriert werden.

Ein letzter Gesprächspunkt war der Fachkräftemangel in Medizin und Pflege. Michael Braun forderte eine bessere gesellschaftliche Anerkennung insbesondere der Pflegeberufe und gesellschaftlichen Einsatz, um den wachsenden Bedarf an Pflegefachkräften zu sichern. Konkret ging es hierbei um Nachwuchswerbung und eine Attraktivierung des Berufsbildes nicht nur durch eine angemessene Bezahlung, sondern auch durch "weiche Faktoren" wie eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ministerin Steffens stimmte diesen Einschätzungen zu und versprach, das Land NRW werde seinen Einfluss auf Bundesebene, wo die Finanzierung dieser Fragen angesiedelt sei, geltend machen. Leider sei jedoch aktuell noch unklar, wie die vom Bundesgesundheitsministerium geplante Reform der Pflegeversicherung und damit die Budgets aussehen würden.

Ein Rundgang führte die Ministerin durch Stationen des Alexianer-Krankenhauses und in das erst vor Kurzem in neue, großzügigere Räume gezogene Café Kontakt. Das Café Kontakt ist ein beliebter Treffpunkt für Bewohner, Patienten, Angehörige und Besucher der vielfältigen Alexianer-Angebote, den auch zahlreiche externe Gäste gern nutzen. Es bietet Getränke, Snacks, Kuchen und einen täglich wechselnden Mittagstisch. Als Einrichtung des Alexianer-Wohnverbundes Aachen beschäftigt das Café Kontakt Menschen mit psychischer Behinderung und ermöglicht ihnen so gesellschaftliche Teilhabe am Arbeitsleben. Darüber hinaus können sich Patienten des Krankenhauses durch ihre Mitarbeit im Café im Rahmen der Arbeitstherapie in ihrer Belastungsfähigkeit erproben.

Ministerin Steffens zeigte sich beeindruckt von der Vielfalt der Angebote der Aachener Alexianer und sagte, soweit ihr Ministerium zuständig sei, Unterstützung zu. Begleitet wurde sie von Markus Leßmann, Gruppenleiter 41 - Pflege, Alter, demografische Entwicklung aus dem Ministerium, sodass auch ein unmittelbarer Kontakt auf der Arbeitsebene entstand. Alexianer-Geschäftsführerin Britta Marquardt dankte den Gästen für ihr großes Interesse und unterstrich in ihrem Schlusswort die Wichtigkeit eines solchen fachlichen Austausches, wie er durch den Besuch der Ministerin möglich wurde.

Foto: Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (3. v. l.) mit (v. l.): Michael Braun, Dr. Andreas Theilig, Dr. Michael Plum, Britta Marquardt, Markus Leßmann, Jürgen Amberg und weiteren Führungskräften der Alexianer Aachen GmbH