27. März 2018
14 Wochen zu früh geboren
Collin kämpft sich ins Leben
Paderborn. Mit nur 430 Gramm und 26,5 Zentimeter Körpergröße kam der kleine Collin Mitte Oktober vergangenen Jahres in der Frauen- und Kinderklinik St. Louise als extrem kleines Frühchen zur Welt. Vor einigen Wochen konnten ihn seine Eltern nun endlich nach monatelangem Aufenthalt auf der Frühgeborenen-Station mit nach Hause nehmen. „Collin hat sich bei uns im Perinatalzentrum sehr gut entwickelt“, freut sich PD Dr. Friedrich Ebinger, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, stellvertretend für das gesamte Klinikteam. In der St. Louise-Geburtshilfe erblickten letztes Jahr circa 2.200 Kinder das Licht der Welt. Davon 50 Frühgeborene unter 1.500 Gramm sowie 39 Frühgeborene unter 1.250 Gramm. Das Kleinste und Jüngste wog nur 380 Gramm. Es kam in der 23. Schwangerschaftswoche zur Welt und entwickelte sich zur Freude aller ebenfalls prächtig. Trotz des großen medizinischen Fortschritts bedeutet es für Eltern und Kinder immer wieder einen immensen Kraftakt, einen solchen Frühstart ins Leben zu bewältigen.
Für die junge Mutter Carolin ist Collin ihr erstes Kind. Ihre Schwangerschaft verlief zunächst ohne Komplikationen. Doch 14 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin stellten die Ärzte plötzlich eine Plazentainsuffizienz fest. Dabei handelt es sich um eine Mangelfunktion des Mutterkuchens, die bewirkt, dass das ungeborene Kind zu wenig Nährstoffe und Sauerstoff bekommt. Die werdende Mutter nimmt dabei nur selten Symptome wahr.
„Als ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hatte ich sehr große Ängste. Ich dachte: nichts geht mehr und nichts wird je wieder gut werden. Als ich Collin nach der Geburt das erste Mal sah, war das für mich unbegreiflich. Er war so klein, so dünn und zerbrechlich“, blickt die junge Mutter zurück. Umso schöner war es, als sie ihn nach einer Woche zum ersten Mal in ihre Armen schließen konnte. Für die Eltern Glücksgefühle pur.
Die darauffolgenden Monate waren für die Familie Kräfte zehrend. Über 100 Tage fuhr Carolin jeden Tag von Büren-Siddinghausen zur Frauen- und Kinderklinik, um Collin zu besuchen, mit ihm zu kuscheln, ihn zu füttern und seine Nähe zu spüren. Beim „Känguruhen“ legten die Kinderkrankenschwestern den kleinen Collin auf die Brust von Mutter oder Vater, sodass er Hautkontakt fühlen und den Herzschlag spüren konnte. „Am Anfang hatte ich das Gefühl als ließe ich mein Kind im Stich, wenn ich die Klinik abends allein verließ. Ich war eine Mama, aber ich durfte keine Mama sein. Meine Gedanken waren immer bei Collin“, so Mutter Carolin. Doch der Kleine entwickelte sich so gut, dass er vor wenigen Wochen in seinem „richtigen“ Zuhause ankommen konnte. Collin ist gesund, ist ganze 53 Zentimeter groß und wiegt mittlerweile stolze 4580 Gramm – mehr als das 10-fache seines Geburtsgewichtes. Seine Eltern blicken mit Zuversicht in die Zukunft: „Wir haben schon so viel durchgemacht und geschafft. Wir werden alles schaffen. Wir können anderen „Frühchen-Eltern“ nur mit auf den Weg geben: blickt mit Mut in die gemeinsame Zukunft. Versteckt eure Ängste und Sorgen nicht, sondern lasst euch beraten und vertraut auf die moderne Medizin.“
In den letzten zehn Jahren hat sich in der Versorgung von Frühgeborenen viel getan. „Im Vordergrund steht heutzutage die Einheit von Mutter und Kind. Besonderer Fokus liegt auf einer entwicklungsfördernden Pflege und einer familienzentrierten Betreuung“, weiß Dr. Frank Dohle, Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Bereits im Kreißsaal findet ein Erstkontakt zwischen Eltern und Frühgeborenem statt, damit die emotionale Bindung von Beginn an gefördert wird. Außerdem gab es ein Umdenken bei der Versorgung von Frühgeborenen mit Muttermilch: heute wird bereits die erste Frühmuttermilch den Frühgeborenen verabreicht und Wert auf Ernährung mit Muttermilch sowie Stillförderung gelegt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass Eltern „fit“ für die gemeinsame Zeit nach der Klinik gemacht werden. Ein interdisziplinäres Team der Frauen- und Kinderklinik hilft den Familien dabei, mit ihrer neuen Situation umzugehen, stärkt sie in ihrer Eigenständigkeit und gibt Hilfestellungen beim Übergang vom teils langen Aufenthalt in der Kinderklinik zum gemeinsamen Leben zuhause.
Bildunterzeile: Collin einige Tage nach seiner Geburt auf der Frühgeborenen-Station (Foto: St. Vincenz-Krankenhaus GmbH)