22. Mai 2025

Vertrauen und Verlässlichkeit als Basis einer „guten“ Krankenhaus-Reform

Umbau der Krankenhaus-Landschaft ein Schwerpunkt beim Gesundheitskongress des Westens 2025

© NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann auf dem GdW 2025 (Foto: WISO/Schmidt-Dominé) „Die Knoten lösen: Das Gesundheitswesen befreit sich!“ So lautete das Motto des diesjährigen Gesundheitskongresses des Westens am 14. und 15. Mai 2025. Knapp 800 Teilnehmende besuchten die Veranstaltung in Köln vor Ort, 500 weitere Interessierte verfolgten sie im Livestream. Dabei blickte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in seiner Eröffnungsrede auf die bisherigen und laufenden Veränderungen im Gesundheitswesen zurück und gab die Richtung für bevorstehende Herausforderungen vor.

„Einiges befindet sich in der Bundesgesundheitspolitik im Umbruch. Das zeigt der Farbenwechsel im Bundesgesundheitsministerium“, sagte Laumann. Zugleich warnte er vor zu viel Euphorie angesichts vollmundiger Versprechen und großer Hoffnungen: „Manchmal überrollen aktuelle Entwicklungen die Pläne des Koalitionsvertrags. Das gilt auch für NRW. Uns fehlen hier vier Milliarden Euro.“

Was bereits geschafft sei: das E-Rezept und die ePA: „Wichtig ist es, bei der Digitalisierung voran zu kommen. Die digitale Erreichbarkeit verbessert die Gesundheitsversorgung.“

Laumann will KHVVG „nicht killen“

Mit großer Zufriedenheit blickte er auf die abgeschlossene NRW-Krankenhausplanung: „Das ging ohne großen Streit zwischen den Beteiligten über die Bühne. Laut Koalitionsvertrag wird sie die Grundlage für die Krankenhausplanung in allen Bundesländern bilden.“ Durchaus mit Wohlwollen sieht er auch die auf Bundesebene initiierte Krankenhausreform, gesetzlich verankert im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG): „Ich will das KHVVG nicht killen. Man sollte es nur ein bisschen verändern, und dann ist auch gut.“ Das werde ohne den ausgeschiedenen Minister Karl Lauterbach etwas leichter. „Ich habe die Hoffnung, dass wir auch bei dieser Krankenhauspolitik Nägel mit Köpfen machen, damit jeder weiß, woran er ist. Wir brauchen diese Strukturveränderung. Es wird aber etwas Zeit dauern, bis wir dadurch Geld sparen.“

Nächster Schritt: ambulanten Bereich umbauen

Zugleich kündigte der Minister Strukturreformen im ambulanten Bereich an. Das sei jedoch viel schwieriger, da hier das Credo der freien Marktwirtschaft und freien Arztwahl gelte – prinzipiell „gute Werte, doch daran krankt auch die finanzielle Situation des Gesundheitswesens“. Laumann schlägt eine gezielte Patientensteuerung im niedergelassenen Bereich vor: „Ich glaube, dass das Primärarztsystem ist eine Idee, die man diskutieren könnte. Man muss kein System der Hausärzte ersetzen, die sind ja selbst überlastet.“ Dafür sieht er die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in der Pflicht. Ansonsten müssten die Patientinnen und Patienten in die Krankenhäuser zu Fachärztinnen und -ärzten gehen können (Hybrid-DRG). Außerdem müsse man im Primärarztsystem den Blick auf das Finanzierungssystem einer Arztpraxis richten, um deren wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Und für Patientinnen und Patienten müsse das Versprechen eingehalten werden, bei medizinischer Notwendigkeit einen schnellen Termin beim Facharzt zu kriegen.

Notfall-Reform notwendig

Weiterhin erwartet Minister Laumann die schnelle Verabschiedung des Rettungsgesetzes auf Bundesebene: „Das wird die Notfallpraxen entlasten.“ Für das Rettungswesen fordert er neue Konzepte und andere Formen, beispielsweise hohe Kompetenz bei der telefonischen Ersteinschätzung in den Rettungsleitstellen sowie niederschwellige Rettungsmittel. „Es muss nicht immer ein RTW sein.“ Darüber hinaus müsse man weiterhin für die Krankenhäuser und Pflegeheime Personal aus dem Ausland rekrutieren, die Medizin-Studienplätze ausbauen und auch Teilzeit-Arztstellen anbieten, um den Beruf attraktiver zu gestalten.

Neue Krankenhaus-Landschaft: Bund versus Land

Diskussionsrunde zur Krankenhausreform auf einer Bühne auf dem GdW 2025 © WISO/Schmidt-Dominé
Kontrovers besprochen wurde die Krankenhausreform auf Bundesebene auch in der anschließenden Diskussionsrunde „Das Neueste zur Krankenhausreform – im Maschinenraum der Krankenhäuser“. Auf dem Podium: Helmut Watzlawik, Abteilungsleiter Krankenhausversorgung im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalen, Andreas Schlüter, Erster Hauptgeschäftsführer (CEO), Knappschaft Kliniken GmbH, Barbara Schulte, Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur, Klinikum Region Hannover GmbH, Philipp Letzgus, Principal & Prokurist Lohfert & Lohfert AG, Matthias Blum, Geschäftsführer Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), sowie Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Mitglied der ehemaligen Regierungskommission Krankenhaus.

Helmut Watzlawik aus dem MAGS stellte die großen Unterschiede zwischen der Erarbeitung der Reform auf Bundes- und der Krankenhausplanung auf Landesebene heraus und präsentierte sieben Gründe für eine „gute Reform“:

  • Klarer politischer Auftrag
  • Breite Unterstützung aller Akteure
  • Akzeptanz in der Bevölkerung
  • Ausdauer
  • Finanzielle Unterfütterung
  • Transparenz
  • Vertrauen und Verlässlichkeit

Für die NRW-Kliniken wünsche er sich die hier bis 31. Dezember 2030 festgesetzten Leistungsgruppen als Basis der Zuweisung. Er erhoffe sich von den im Koalitionsvertrag bis Sommer geplanten Änderungen außerdem veränderte Umsetzungsfristen, praxistaugliche Facharztvorgaben und eine von zwei auf drei Jahre verlängerte Konvergenzphase bei der Vorhaltevergütung.

Andreas Schlüter als Direkt-Verantwortlicher aus der Krankenhaus-Praxis forderte, dass Umbaukosten für eine stärkere Ambulantisierung im Transformationsfonds berücksichtigt werden: „Ambulante Strukturen sehen innerhalb eines Krankenhauses anders aus als stationäre.“

„Reform muss bezahlbar sein“

Auch Unternehmensberater Letzkus deckte die Schwächen des KHVVG auf, darunter die schwierige Differenzierung zwischen Fachklinik und spezialärztlicher Versorgung oder auch die Disharmonie zwischen Leistungsgruppen und Qualität, die fehlenden Handreichungen und die Ignoranz der Kostenseite: „Eine solche Reform muss bezahlbar sein.“

KGNW-Geschäftsführer Blum unterstrich, dass er den personellen Wechsel im Bundesgesundheitsministerium als Chance für einen Mentalitätswechsel sehe. Auch die finanzielle Unterstützung aufgrund fehlenden Inflationsausgleichs der Jahre 2022/2023 sieht er als positiv an. Zugleich stellte er aber die handwerklichen Fehler des KHVVG dar: Die quantitativ geforderte Anzahl der Fachärztinnen und -ärzte sei nicht umsetzbar. Das gelte auch für die Mindestvorhaltezahlen. Die 15-Prozent-Schwelle zur Abrechnung bei onkologischen Behandlungen sei willkürlich gewählt. Vorhaltekosten dürften nicht an Fallzahlen gekoppelt, Digitalisierung nicht mit zusätzlicher Bürokratie verbunden sein.

Mediziner Karagiannidis verteidigte das KHVVG in der verabschiedeten Form mit Blick auf die „aktuelle Finanzsituation, unter denen auch die Krankenhäuser zu leiden“ hätten: im Jahr 2024 um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegene Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung mit dem größten Posten, den Krankenhausbehandlungen: „Daher sind bis Jahresende weitere Zusatzbeiträge zu erwarten. (…) Wir laufen auf über 50 Prozent Sozialabgaben zu.“ Sein Fazit: „Die Krankenhausreform war notwendig.“ Mittel-, nicht kurzfristig könne das KHVVG die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser verbessern.

Krankenhauskosten im Verteidigungsetat berücksichtigen

KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum bei der Diskussionsrunde zur Krankenhausreform auf einer Bühne auf dem GdW 2025 © KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum (Foto: WISO/Schmidt-Dominé)
Matthias Blum betonte darüber hinaus zum Abschluss, dass Krankenhäuser für die Verteidigungsfähigkeit eines Landes systemrelevant seien. Daher müssten sie auch im Verteidigungsetat mitgedacht werden.