14. September 2021

„Nicht kopfüber in die Nacht“

KGNW beim 15. Gesundheitskongress des Westens

© Foto: WISO/Schmidt-Dominé Der zweitägige 15. Gesundheitskongress des Westens ist erfolgreich in Köln zu Ende gegangen. Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) als Partner und Teilnehmer war an verschiedenen Stellen beteiligt. Die Hybrid-Veranstaltung am 7. und 8. September 2021 im Kölner Gürzenich stand unter dem Motto „System am Limit – Wie sieht der Weg in die Zukunft aus“. Damit bezog sie sich zum einen auf die aktuellen Krisen wie Pandemie und Flutkatastrophe, die das Gesundheitswesen und insbesondere die Krankenhäuser teilweise bis an ihre Belastungsgrenzen gebracht haben. Zum anderen wagte der Kongress auch einen Ausblick in die Zukunft, die in den NRW-Kliniken wesentlich durch den neuen Krankenhausplan geprägt sein dürfte.

Klinik-Kooperationen: Virtuelles Krankenhaus und Kleeblatt-Strategie

KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum zeigte im Forum „Gemeinsam geht es besser: Beispiele erfolgreicher Partnerschaften, die durch die Coronakrise entstanden sind“ auf, wie Kliniken erfolgreich kooperieren. Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen hätten bereits vor der Corona-Pandemie erfolgreich zusammengearbeitet oder sich sogar zusammenschlossen. Das Ziel: Nutzung zusätzlicher Synergieeffekte und Erweiterung des Leistungsspektrums in der Diagnostik sowie der Behandlung von Krankheiten. Dazu kamen Kooperationen von Kliniken mit dem niedergelassenen Sektor, Pflegeeinrichtungen oder Einrichtungen zur Rehabilitation.

Diskutanten beim 15. Gesundheitskongress des Westens© Foto: WISO/Schmidt-Dominé
Corona habe die Kommunikation und die Zusammenarbeit deutlich intensiviert. Als Beispiel einer regionen- und sektorenübergreifenden Kooperation führte er das „Virtuelle Krankenhaus NRW“ auf. Damit können die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen auf die infektiologische und intensivmedizinische Expertise der Unikliniken Aachen und Münster zurückgreifen und sich zum Beispiel bezüglich der Behandlung von Beatmungspatienten beraten lassen – und das komplett online. Mit Einbruch der Corona-Pandemie brachten im Frühjahr 2020 – statt wie geplant erst im Sommer – alle Beteiligten eine Vorstufe des Virtuellen Krankenhauses NRW auf den Weg. Mit Erfolg: Seit 30. März 2020 sind annähernd 3.000 Telekonsile durchgeführt worden. Das Virtuelle Krankenhaus verbindet in Nordrhein-Westfalen über hundert Krankenhäuser miteinander. Die Behandlung von mehr als 450 Patientinnen und Patienten ließ sich auf diesem Weg telemedizinisch begleiten. Lediglich knapp über 30 Patientinnen und Patienten wurden in ein Krankenhaus mit erweitertem Leistungsspektrum verlegt.

Als weiteres Beispiel für eine richtungsweisende Kooperation nannte Matthias Blum die Kleeblatt-Strategie. Sie wurde vom Robert Koch-Institut (RKI) zusammen mit Bund und Ländern im Herbst 2020 für den Fall entwickelt, dass örtlich eine Erschöpfung der Intensivkapazitäten drohe. Bis zu fünf Bundesländer sind darin in einer Großregion zusammengeschlossen. In jedem Kleeblatt gibt es eine zentrale Koordinierungsstelle, einen „Single Point of Contact“ (SPoC). Sollte eine Vollbelegung in einer Klinik absehbar sein, werden die Patientinnen und Patienten zunächst innerhalb des Kleeblattes verlegt. Nordrhein-Westfalen ist aufgrund seiner Größe und des Bevölkerungsreichtums eine Planungseinheit. In jedem Regierungsbezirk gibt es eine eigene Koordinierungsstelle. Das Kleeblatt-Prinzip stellt einen weiteren ersten Schritt für eine strukturierte Kooperation dar, die sich erweitern lässt.

Krankenhausplanung NRW: „Wir brauchen den regionalen Blick.“

KGNW-Präsident Jochen Brink beim 15. Gesundheitskongress des Westens© Foto: KGNW
KGNW-Präsident Jochen Brink nahm an der Diskussion zum Thema „Gerechte Verteilung der Ressource Krankenhaus – Krankenhausplanung in NRW und darüber hinaus“ teil, unter anderem neben Helmut Watzlawik, Abteilungsleiter Krankenhausversorgung im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium. Dabei ging es darum, ob der neue NRW-Krankenhausplan Modellcharakter für alle Bundesländer haben könnte und wo mögliche Schwachstellen liegen. Ganz wichtig, so betonte es Jochen Brink, sei die Zuständigkeit der Länder für die Krankenhausplanung: „Wir brauchen den regionalen Blick.“ Entscheidend für den Erfolg sei eine ausreichende finanzielle Unterfütterung durch das Land. Hier nannte der KGNW-Präsident eine jährliche Summe von rund 200 Millionen Euro. Ansonsten sei der gewollte Veränderungsprozess zum Scheitern verurteilt. Das zeige ein Blick ins Ausland. Zudem müsse auf jeden Fall vermieden werden, dass eine für die regionale Versorgung benötigte Klinik durch die neue Systematik ihre wirtschaftliche Basis verliere: „Wir dürfen nicht kopfüber in die Nacht stürzen.“ Deshalb müsse es auch in der regionalen Umsetzung der neuen Planungssystematik ein Monitoring geben, um drohende Fehlentwicklungen früh abfangen zu können.

Der nächste Gesundheitskongress des Westens findet bereits am 30. und 31. März 2022 statt.