04. Februar 2019

Versorgung Vernetzen - 3. Fachdialog Krankenhaus-IT und Medizintechnik

„Versorgung vernetzen“ war das zentrale Thema auf der KGNW-Fachtagung „Praxisdialog Krankenhaus-IT und-Medizintechnik 2019“ am 09.01.2019 im Haus der Unternehmer in Duisburg, an der rund 90 Teilnehmer aus Krankenhäusern, Industrie und Selbstverwaltung teilnahmen. Dr. Dirk Albrecht, Sprecher der Geschäftsführung der Contilia GmbH und Mitglied im Vorstand der KGNW, führte in seiner Begrüßung auf die wachsende Notwendigkeit digitaler Infrastrukturen im medizinischen Versorgungsprozess hin.

Albrecht betonte, dass es mehr denn je um ganzheitliche, interdisziplinäre Konzepte gehe, die Antworten auf die immer neuen Anforderungen der Menschen an moderne Medizin und Pflege geben. Bei der Frage, ob eine Plattformstrategie ein Weg sei, um die vielen Projekte zur Digitalisierung der Prozesse in den Krankenhäusern durchführbar zu machen, waren sich die Referenten einig, dass die Zielsetzung der erste und wichtigste Schritt einer Digitalstrategie sei, die zusammen mit Medizin, IT, Pflege und Geschäftsführung definiert werden müsste, damit diese vernünftig aufgebaut und umgesetzt werde könne. Wie die Interoperabilität klinische Prozesse beeinflusst, erläuterte Dominic Swarat, Solution Consultant bei der Forcare Holding B.V, anhand von Praxisbeispielen aus den Niederlanden.

Einheitliche IT-Standards in einigen Klinik-Netzwerken in den Niederlanden zeigten, dass sich der Informationsaustausch und der Informationszugang unter den Kliniken beschleunigt habe, erklärte Swarat. Im Rahmen der Diskussion, ob die Plattformstrategie ein Königsweg oder eine Sackgasse sei, verständigten sich die Referenten darauf, dass die Interoperabilität ein notwendiger Meilenstein sei. Diese erfordere zunächst Investitionen in digitale Plattformen. Der Patient stehe bei allen Services im Mittelpunkt. Beispiele dafür seien die elektronische Patientenakte sowie auch die elektronische Fallakte, die eine bessere Versorgung der Patienten erreichen sollen.

Die Einhaltung der EU-DSGVO dürfe bei der Digitalisierung der Prozesse nicht als Innovationsbremse wirken, betonte Elisabeth Schloten, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens ECBM GmbH. Auch das Zusammenspiel zwischen stationärer Versorgung und der Forschung müsse berücksichtigt werden, ergänzte Dr. Silke Haferkamp, stellverstretende Leiterin Geschäftsbereich IT des Universitätsklinikums Aachen. Forschung und Krankenhausversorgung seien nicht mehr trennbar, um die klinische Versorgung zu verbessern, sagte Haferkamp. Die bestehenden Krankenhaus-Informationsdienste müssten modernen Systemen zur strukturierten Datenerfassung weichen. Die Anforderungen an die Systeme sollten die Krankenhäuser gegenüber den Anbietern formulieren und auch einfordern, riet Haferkamp den Krankenhäusern. Der reibungslose und sichere Austausch von medizinischen Daten, der eine vernünftige Datenharmonisierung voraussetze, sei die größte Herausforderung, resümierten die Referenten.

Burkhard Fischer, Referatsleiter Qualitätsmanagement, IT und Datenanalyse der KGNW, informierte darüber, dass die KGNW sich mit Unterstützung des Fraunhofer Instituts auf den Weg mache, unter den Krankenhäusern ein gemeinsames Verständnis für das digitale Krankenhaus zu entwickeln. Dafür diene im ersten Schritt eine Umfrage unter den Krankenhäusern, dessen Ergebnisse im Frühjahr vorgestellt würden. Im zweiten Schritt werde versucht, ein gemeinsames Szenario vom „digitalen Krankenhaus“ mit Kriterien unter anderem zur Infrastruktur, Dokumentation, Datensicherheit zu definieren, das einen Rahmen bieten kann, gleichwohl aber auch Raum lasse für standortbezogene, regionale und lokale Konzepte.

Die Trennung von Daten und Anwendung biete mehr Flexibilität bei der Integration digitaler Lösungen, führte Birger Haarbrandt, Software Architect beim Institute for Medical Informatics, am Nachmittag aus. Dies gelinge, wenn Daten nach der openEHR- Architektur zentral gespeichert würden. Mit dieser Vorgehensweise habe die Kinderklinik in Ljubljana, Slowenien, es geschafft, einen Großteil der klinischen Prozesse digital zu transformieren und Patientendaten nahezu vollständig elektronisch zu erfassen und zu verarbeiten. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass alle Bestrebungen hin zu einem digitalisierten Krankenhaus unter Sicherheitsaspekten betrachtet werden müssten. Oft seien im Bereich von medizinischen IT-Systemen Nachholbedarf feststellbar, schränkte Hannes Mühlenberg von der infoteam GmbH. Trotz einer zunehmenden Anzahl von Sicherheitsnormen, wiesen diese in der Gesundheitsbranche, anders wie im Bankenbereich, noch keinen zufriedenstellenden Durchdringungsgrad auf.

In der abschließenden Vorstellung von elektronischen Gesundheitsakten (eGA) der Techniker Krankenkasse (TK), der AOK und der Vivy GmbH stellten die Referenten die Funktionsweise ihrer Aktensysteme nach § 68 SGB V den interessierten Teilnehmern dar, skizzierten aber auch, wie diese Aktensysteme einen Beitrag für eine bessere Versorgung leisten könnten. Dabei betonte Heiner Vogelsang von der TK-Landesvertretung Nordrhein-Westfalen, dass der Patient jederzeit „Souverän“ seiner Daten bleibe und die TK keine Möglichkeit zur Einsicht in die Daten habe. Heinrich Kleimann, Datenschutzbeauftragter der Mühlenkreiskliniken Minden schilderte, dass Krankenhäuser im Umgang mit Patientenakten zwar bereit seien, Daten mit dem Patienten zu teilen, es aber jedem klar sein müsse, dass Krankenhäuser den Datenschutz und die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht sicherstellen müssten. Hier könne ein Dialog mit den Kliniken helfen, den Prozess der Datenbereitstellung zu harmonisieren und vor allem rechtssicher zu gestalten. Die Schlussdiskussion zeigte hierfür erste Lösungen auf, beispielsweise die Integration von Einverständniserklärungen in den Aufnahmeprozess, machte aber auch deutlich, dass es weiterer Dialoge benötigt, um gemeinsam ohne Reibungsverluste Ziele erreichen zu können.