07. September 2016

Wer die Notfallversorgung verbessern will, muss auch die Finanzierung sichern

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat am 06.09.2016 ein Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung vorgestellt. Erstellt wurde das Gutachten mit dem Titel „Ambulante Notfallversorgung - Analyse und Handlungsempfehlungen“ im Auftrag des vdek vom AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH.

Das Gutachten beziffert die Zahl der jährlich in den Krankenhausambulanzen behandelten Notfälle auf 25 Millionen. Hauptursache für die starke Inanspruchnahme seien unklare Zuständigkeiten, ein verändertes Patientenverhalten und die Erwartung einer besseren und schnelleren Versorgung.

Im Ergebnis sprechen sich die Autoren des Gutachtens dafür aus,

• Portalpraxen einzurichten und ein Konzept zu Notfallstufen zu etablieren,

• verlässliche Öffnungszeiten und Zuständigkeiten zu definieren, um Missverständnisse zu verhindern und die Notfallversorgung sicherzustellen,

• standardisierte Einschätzung des Behandlungsbedarfs der Patienten zu etablieren, um eine klare Zuordnung der Patienten zu Notdienstpraxen und Notfallaufnahmen zu gewährleisten,

• Kooperationsvereinbarungen durch vertragliche Vereinbarungen (personell, räumlich, Infrastrukturnutzung) zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und Krankenhäusern zu schließen und individuelle Vergütungsregelungen zwischen der jeweiligen KV und dem jeweiligen Krankenhaus zu etablieren (Abklärungspauschale nach EBM für zentrale Anlaufstelle der Portalpraxen),

• gemeinsame Leitstellen einzurichten, wodurch eine direkte Weiterleitung der Patienten vom ärztlichen Notdienst zum Rettungsdienst (und umgekehrt) erfolgen könnte,

• Angebote (wie bessere Personalausstattung) im niedergelassenen Bereich für Patientengruppen mit besonderem Behandlungsbedarf auszubauen, um Notfallsituationen zu verhindern (Vorbild: DMP-Programme),

• die Qualifikation des Personals sicherzustellen, indem bundesweite verbindliche Anforderungen für die Qualifikation des im Notdienst eingesetzten Personals definiert, in Form von verbindlichen Rahmenvorgaben durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Bundesärztekammer formuliert, und zusätzlich modular aufgebaute und zertifizierte Fortbildungsangeboten eingerichtet werden und

• Patientenkompetenzen zu stärken, indem die Strukturen für die ambulante Notfallversorgung für die Bevölkerung durch Informations- und Aufklärungskampagnen transparent gemacht werden.

Die DKG hat mit einer Pressemitteilung am 06.09.2016 auf das Gutachten reagiert: „Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Krankenkassen in der besseren Verzahnung und Steuerung der Notfallversorgung Potenziale sehen. Allerdings fehlt das notwendige Bekenntnis, bei der Bereitstellung der finanziellen Ressourcen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wer die Notfallversorgung wirklich verbessern will, muss auch sicherstellen, dass Notfälle egal ob im ambulanten oder stationären Bereich nicht länger strukturell unterfinanziert und durch Budgetregelungen gedeckelt werden“, erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum anlässlich der Vorstellung des Notfallgutachtens von Ersatzkassen und AQUA-Institut.

„Einem durchschnittlichen Erlös von rund 40 Euro pro ambulanten Notfall stehen Fallkosten von mehr als 100 Euro gegenüber und summieren sich auf eine deutschlandweite Unterdeckung von einer Milliarde Euro. Mit der Krankenhausreform wurde eine erste Verbesserung eingeleitet, die aber die zentrale Kostenunterdeckung nicht löst. Zurzeit laufen Verhandlungen zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen, die die Vergütung grundsätzlich neu strukturieren sollen. Insgesamt soll das System stärker „krankheitsschwereorientiert“ ausgerichtet werden. Doch die gesetzlichen Vorgaben, bis zum 31. Dezember 2016 zu einem neuen Vergütungssystem zu kommen, werden von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung blockiert und ausgebremst. Mit dem Festhalten an EBM-Vergütungssätzen können die Leistungen der Krankenhäuser nicht sachgerecht vergütet werden“, erklärte Baum. An den Gesetzgeber ist die Forderung zu richten, die Vergütung der ambulanten Notfallversorgung aus der Gesamtvergütung auszugliedern.

Der Vize-Chef des Katholischen Krankenhausverbands in Deutschland (KKVD), Ingo Morell, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die zunehmende Inanspruchnahme ihrer Notfallambulanzen bereitet auch den Krankenhäusern selbst Probleme." KBV-Chef Andreas Gassen forderte eine weitaus bessere Kooperation von Kliniken und Kassenärzten.

Pressemitteilung der DKG