10. Juni 2015

KGNW zum Kabinettsbeschluss zur Krankenhausreform: Krasser Gegensatz von Anspruch und Wirklichkeit

„Der Anspruch des heutigen Kabinettsbeschlusses zur Krankenhausreform steht im krassen Gegensatz zur Wirklichkeit in unseren Krankenhäusern. Die Bundesregierung will das Beste für die Patienten, aber streicht in Milliardenhöhe. Wir brauchen mehr Personal, keine Kürzungen. Der Investitionsbedarf wird anerkannt, aber es gibt weiterhin keine Lösung für den milliardenschweren Investitionsstau. Diese absurde Reform gefährdet unsere Leistungsfähigkeit und damit auch die gute Versorgung unserer Patienten. So wird das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) zum Krankenhaus-Schließungsgesetz“, erklärte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW).

Der Dachverband der 370 NRW-Kliniken vermisst beim Gesetzentwurf zur Krankenhausreform vor allem eine konsequente Refinanzierung der Personalkosten und eine Lösung für den Investitionsstau. Qualität und Sicherheit könne es für die Patienten nur geben, wenn in den Krankenhäusern genügend gut ausgebildete Pflegekräfte und Ärzte täglich daran arbeiten könnten und ihre Gehälter auch finanziert würden. Mit den dringend notwendigen Investitionen in den Umbau von Stationen oder eine moderne IT-Infrastruktur könnten die Mitarbeiter entlastet und die Patienten besser versorgt werden.

„Auf die drei wesentlichen Problembereiche des Krankenhauswesens – die Finanzierung des Personalbedarfs, die Finanzierung der Notfallambulanzen sowie die Bereitstellung von Investitionsmitteln – gibt diese Reform nicht nur keine Antwort, sondern verschärft diese zum Teil auch noch. Eine detaillierte Analyse der vorgesehenen Finanzierungsmaßnahmen bringt hervor, dass durch den Wegfall des Versorgungszuschlages von 500 Mio. Euro zusammen mit überzogenen Kürzungen bei neu vereinbarten Leistungen alleine im Jahr 2017 ein Kürzungsvolumen von ca. 1 Mrd. Euro initiiert wird“, fasst Brink die Kritik der Kliniken zusammen.

Angesichts der großen Probleme vieler Krankenhäuser, überhaupt die tarifbedingten Personalkostensteigerungen finanzieren zu können, sei dies ein absolut inakzeptables Vorhaben der Bundesregierung. Das würde auch in Zukunft bedeuten, dass die Krankenschwester ihre Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen muss. Eine Verbesserung der Personalsituation sei vor dem Hintergrund auch mit dem beabsichtigten Pflegeförderprogramm nicht erkennbar.

In Deutschland muss eine Pflegekraft nach OECD-Zahlen doppelt so viele Patienten betreuen wie die Kollegen in Frankreich, den Niederlanden oder Dänemark. Das in der Krankenhausreform vorgesehene Pflegestellenförderprogramm erkenne zwar den notwendigen Bedarf an, sei aber keine nachhaltige Lösung. Mit dem Pflegestellenförderprogramm könnten im Durchschnitt in Deutschland in jedem Krankenhaus gerade einmal eine Pflegekraft im Jahr zusätzlich finanziert werden, und das nur wenn das Krankenhaus in der Lage ist, zehn Prozent der zusätzlichen Personalkosten selbst aufzubringen.

Das Reformkonzept enthalte auch keine Ansätze zur Unterstützung der Krankenhäuser bei der Bewältigung der großen Herausforderungen des demographischen Wandels und des medizinischen Fortschrittes. Sie schwäche durch überzogene Bürokratie und Kontrollen die medizinische Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser und entziehe Arbeitskräfte der unmittelbaren Versorgung am Patienten.

In den Tagen vor dem Kabinettsbeschluss hatten zahlreiche NRW-Krankenhäuser und der Dachverband KGNW mit breiter Unterstützung der ihn tragenden Spitzenverbände per Schreiben an Kanzleramtsminister Peter Altmaier die Kritik an der Krankenhausreform deutlich gemacht und Proteste angekündigt, wenn es keine grundsätzlichen Änderungen an dem Gesetzesvorhaben mehr gibt. Als erste Reaktion wird es am 11.06.2015 eine nahezu flächendeckende Anzeigenschaltung in nordrhein-westfälischen Tageszeitungen geben. Am 23.06.2015 wird die KGNW ihre Mitglieder bei einer Informationsveranstaltung über die drohenden Folgen der Krankenhausreform informieren und Protestmaßnahmen diskutieren, die in der anschließenden Vorstandssitzung beschlossen werden sollen.