11. Dezember 2014
KGNW zu Eckpunkten für Krankenhausreform: Licht und Schatten – Gefahr der Rationierung?
Die vorliegenden Eckpunkte zur Krankenhausreform bieten Licht und Schatten. Das Pflegeförderprogramm, der Strukturfonds und die Angleichung der Landesbasisfallwerte sind grundsätzlich zu begrüßen, aber die allgemeine Misstrauenskultur, Qualitätsabschläge, versteckte Rationierung und die weiterhin ungelöste Frage der notwendigen Investitionsfinanzierung lassen unsere Sorgen nicht wirklich kleiner werden, erklärte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, im Rahmen von Mitgliederversammlung und KGNW-Forum zu dem Thema Welche Ressourcen braucht gute Qualität? des Dachverbandes der 370 NRW-Kliniken.
Grundsätzlich zu begrüßen sei der von der Bund-Länder-AG beschlossene Strukturfonds, mit dessen begrenzten Mitteln Schließungen und Umwidmungen von Kliniken sowie Strukturweiterentwicklungen gefördert werden sollen. Die notwendige hälftige Beteiligung durch das Land NRW, damit die Bundesmittel fließen, sei trotz der angespannten Haushaltssituation unbedingt zu gewährleisten. Dem grundsätzlichen Problem der unzureichenden Investitionsfinanzierung und dem herrschenden Investitionsstau werde der Fonds allein aber nicht gerecht.
Beim Thema Investitionsfinanzierung gibt es unter den Mitgliedern der Bund-Länder-AG kein Erkenntnis-defizit mehr. Dass den Krankenhäusern in NRW jährlich rund 700 Millionen Euro an Investitionsmitteln fehlen, sei ebenfalls unstrittig. „Es sollte nicht nur in Brücken, Straßen und Breitbandausbau investiert werden, sondern auch in die Infrastruktur unseres Gesundheitswesens, um uns fit für die Herausforderungen des demografischen Wandels zu machen. Neben modernen Gebäuden und Geräten brauchen die Krankenhäuser Finanzmittel für eine bessere IT-Ausstattung und Infektionsprophylaxe“, appellierte der KGNW-Präsident eindringlich an die versammelten Entscheidungsträger von Bund und Land.
Die weitere Angleichung der Landesbasisfallwerte auf ein bundeseinheitliches Niveau sei positiv zu bewerten. Laut der KGNW bleiben gleiche Preise für gleiche Leistungen das Ziel. Dabei dürfte es keine Rolle spielen, ob das Krankenhaus in Köln oder Koblenz, Kiel oder München stehe.
In seiner Begrüßungsrede zum KGNW-Forum kündigte KGNW-Präsident Brink zudem an, dass der Vorstand des Klinikverbandes für das kommende Jahr eine landesweite Hygieneinitiative beschlossen habe. „Wir wollen die Öffentlichkeit verstärkt über Hygienemaßnahmen der Krankenhäuser aufklären und Mitarbeiter, Patienten und Angehörige für den eigenen Beitrag zur Hygiene sensibilisieren. Der unsichtbare Feind multiresistente Erreger kann nur gemeinsam als gesellschaftliche Aufgabe besiegt werden. Vor allem die Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen muss gestoppt werden. Hier sind auch die Landwirtschaft und die niedergelassenen Ärzte gefordert“, sagte Brink.
Die Entlastung des Personals sei entscheidend, wenn qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung gefordert werde. Deshalb begrüße die KGNW das im Eckpunktepapier vorgesehene Pflegestellenförderprogramm von bundesweit 660 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre als einen Schritt in die richtige Richtung. „Wir brauchen hier eine nachhaltige Lösung für eine humane Patientenversorgung, damit wir das neu gewonnene Pflegepersonal auch über das Jahr 2017 hinaus weiter finanzieren können“, so Brink.
Nicht zur Qualitätsverbesserung würden allerdings die im Eckpunktepapier vorgesehenen Qualitäts-abschläge beitragen. Aus Sicht der KGNW würden erfolgsabhängige Elemente in die medizinische Leistungsvergütung eingeführt, die die Patientenselektion fördern und mit Abteilungs- und Krankenhausschließungen verbunden sein würden. „Wir brauchen mehr Qualität der Qualitätskriterien. Vereinfachung darf nicht auf Kosten der Aussagekraft, Richtigkeit oder Fairness gehen. Krankenkassen wollten Qualität als Regulator der Quantität. Wir setzen darauf, dass es dem Gemeinsamen Bundesausschuss und dem neuen Qualitätsinstitut um die Interessen der Patienten und die gute, flächendeckende Versorgung geht“, erklärte der KGNW-Präsident.
Anscheinend glaube die Politik, den Zuwachs der stationären Leistungen dämpfen zu müssen. Negativkampagnen der Krankenkassen hätten dazu geführt, dass man die Kliniken im Verdacht habe, unnötige Operationen durchzuführen. Diese Misstrauenskultur sei durch keine zweifelsfreie Studie gerechtfertigt, bekräftige Brink. Aus den amtlichen Statistiken sei zum Beispiel bei den Hüft-Erstimplantaten in den letzten drei Jahren kein Zuwachs festzustellen.
Im Hinblick auf die weiteren Entwicklungen und den anstehenden Gesetzgebungsprozess werde die KGNW im konstruktiv-kritischen Dialog mit den Mitgliedern der Bund-Länder-AG bleiben und die sich aus ihrer Sicht abzeichnende unkontrollierte Übersteuerung des Vergütungssystems im Auge behalten. „Schon jetzt ist es nicht hinnehmbar, dass – wie in den Eckpunkten zur Krankenhausreform dokumentiert – ab dem Jahr 2017 bis auf einige Ausnahmen wie zum Beispiel Transplantationen jede Leistung, die von den Krankenhäusern für zusätzliche Patienten im Vergleich zum Jahr 2016 erbracht werden, mit einem dauerhaften Abschlag versehen werden soll. Demografie und medizinisch-technischer Fortschritt werden dabei nicht berücksichtigt. Plant die Bund-Länder-AG und damit die Bundesregierung aus fiskalischen Gründen im Ergebnis eine Rationierung der Gesundheitsversorgung der Bürger?“, fragte Brink das Plenum.
Für die KGNW sollten die Krankenhäuser mit der nun eingeleiteten Krankenhausreform aufgrund des steigenden Versorgungsbedarfs der Bevölkerung konsequent und nachhaltig gestärkt werden. Wer aus fiskalischen Gründen eine Rationierung der Gesundheitsversorgung wolle, müsse dies den Bürgern offen und ehrlich sagen, so Brink.
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