22. April 2010

Vier Kernforderungen der KGNW zur Gesundheitspolitik

Düsseldorf, 22. April 2010 – Im Sinne der vernetzten ambulant-stationären Patientenversorgung und einer größeren Wahlmöglichkeit für die Patienten wollen die Kliniken in NRW einen Beitrag zum Abbau der Sektorengrenzen leisten und sich zu Gesundheitszentren weiterentwickeln. „Die Kliniken können durch eine weitere Öffnung für ambulante Leistungen ihren Patienten erhebliche Versorgungsvorteile und vor allem eine Behandlung aus einem Guss anbieten“, betonte Dr. Hans Rossels, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit den gesundheitspolitischen Sprechern der Parteien zur Landtagswahl in NRW.

Dr. Rossels forderte, dass die Beteiligung der Kliniken an Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nicht begrenzt werden darf. MVZ seien keineswegs als Konkurrenz zu Vertragsärzten anzusehen. Sie gewährleisten vielmehr eine koordinierte Versorgung der kurzen Wege und sicherten die Versorgung in Regionen, in denen niedergelassene Ärzte fehlten. Insbesondere aufgrund der Scheu vieler junger Ärztinnen und Ärzte, das finanzielle Risiko einer eigenständigen Niederlassung einzugehen und dem wachsenden Bedürfnis nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf komme den MVZ in Zeiten des Ärztemangels eine steigende Bedeutung zu.

Der KGNW-Präsident hob außerdem hervor, dass die Kliniken in NRW sich dem Wettbewerb stellen, der sich mit der Einführung des DRG-Systems kontinuierlich verschärft hat. „Dieser Wettbewerb muss aber auch zukünftig als Wettbewerb um die beste Qualität und Leistung nach dem Festpreissystem und nicht als Preiswettbewerb ausgestaltet sein“, stellte Dr. Rossels klar. Damit erteilte er den Einkaufsmodellen mit selektiven Einzelverträgen eine klare Absage.

„Einzelverträge zwischen Kassen und Leistungserbringern gefährden die Patientensouveränität und Wahlfreiheit der Patienten“, begründete der KGNW-Präsident seine ablehnende Haltung. Weiterhin müsse eine interdisziplinäre und umfassende Aus- und Weiterbildung der Ärzte in den Krankenhäusern ebenso weiter möglich sein, wie die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung und Notfallversorgung an Kliniken. „Die Letztverantwortung für eine flächendeckende stationäre Versorgung und den Sicherstellungsauftrag müssen weiter beim Land NRW bleiben“, so der KGNW-Präsident.

Dr. Rossels wies darauf hin, dass die Investitionsquote der Länder seit 1972 von 24,9 Prozent auf 4 Prozent zurückgegangen sei. „Die Länder dürfen sich nicht weiter aus der Investitionsfinanzierung der Kliniken zurückziehen und das Land NRW muss die benötigten finanziellen Mittel bereitstellen“, erklärte er. Gleichzeitig forderte der KGNW-Präsident eine Erhöhung der Fördermittel und verwies auf ein Gutachten von Prof. Rürup, demnach die Fördermittel um jährlich zusätzlich 700 Mio. Euro auf 1,2 Mrd. Euro für dringend notwendige Investitionen erhöht werden müssen. NRW liege bei der Krankenhausförderung bundesweit mit 83.286 Euro pro Planbett im Zeitraum von 1991 bis 2008 auf dem letzten Platz.

Zum Paradigmenwechsel in der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser in NRW mit der Umstellung auf ein leistungsbezogenes Fördersystem mit der Baupauschale hob der KGNW-Präsident hervor, dass die KGNW die Novellierung der Investitionsfinanzierung mit der Einführung der Baupauschale von Beginn an als zukunftsweisend begrüßt und mitgetragen habe. Die Umstellung auf die Baupauschale gewähre den Kliniken mehr unternehmerische Freiheit und ermöglich sachgerechtere Entscheidungen. „Allerdings wird durch die neue Krankenhausfinanzierung die gravierende Unterfinanzierung der Kliniken nicht beendet“, so Dr. Rossels. Die Baupauschale biete für die Kreditinstitute aufgrund der gesetzlichen Vorgaben mit einem Parlamentsvorbehalt keine ausreichende Absicherung. Deshalb müsse der Gesetzgeber hier nachbessern, um zu verhindern, dass die Banken z.B. zusätzliche Sicherheiten für einen mit Baupauschale finanzierten Kredit fordern.

„Der bestehende Ärztemangel wird sich ohne eine Erhöhung der Studienplatzkapazitäten bei entsprechender Finanzierung und der stärkeren Einbeziehung von alternativen Kriterien in die Auswahlverfahren weiter verstärken“, befürchtet der Präsident der KGNW. Nach Berechnungen des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) fehlen derzeit rund 5.000 Ärzte und deutschen Krankenhäusern, davon circa 1.200 in NRW-Kliniken. Betroffen sind vor allem die großen Fachgebiete Chirurgie, Innere Medizin und Gynäkologie. Mit rund 320.000 Ärzten arbeiten allerdings derzeit in Deutschland so viele Ärzte im niedergelassenen und stationären Bereich wie noch nie zuvor. Der Zuwachs von mehr als 40.000 Ärzten für die Versorgung der Patienten seit 1996 sei bemerkenswert, so Dr. Rossels.

„Der erhöhte Bedarf an Ärzten in den Krankenhäusern ist vor allem auf die Umsetzung der EU-Arbeitszeitsrichtlinie und damit der Verteilung der Arbeit auf mehrere Schultern zurückzuführen.“, erläuterte der KGNW-Präsident. Die Kliniken hätten sich damit auf das gestiegene Interesse der Ärzte an einer ausgeglichenen „Work-Life Balance“ eingestellt. Der jetzige Ärztemangel müsse gemeinsam bekämpft werden.