02. Juni 2008

Krankenhäuser brauchen Hilfe – der Budgetdeckel muss weg

Bonn, 2. Juni 2008 – Die Tarifrunde 2008/2009 und die massiven Preissteigerungen überrollen die deutschen Krankenhäuser bis Ende des kommenden Jahres mit einer Kostenlawine in Höhe von 8 Milliarden Euro. „Die Politik muss jetzt entschlossen handeln und spätestens zum 1. Januar 2009 den Budgetdeckel aufheben“, forderte

der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Richard Zimmer, im Rahmen einer Konferenz auf dem Bonner Petersberg. „Ansonsten laufen die Krankenhäuser ungebremst in eine Finanzierungskatastrophe zu Lasten der medizinischen Versorgung der Patienten“, so Zimmer.

Die Geschäftsführer der 16 Landeskrankenhausgesellschaften haben heute unter Vorsitz der KGNW über die dramatische finanzielle Situation der Krankenhäuser und die Ausgestaltung der zukünftigen Rahmenbedingungen für die deutschen Krankenhäuser nach 2009 beraten.

Die Bezahlung der Krankenhausleistungen richte sich nicht nach den tatsächlichen Ausgaben der Krankenhäuser, sondern nach den Einnahmen der Krankenkassen in den Vorjahren. Um die wirtschaftliche Existenz der Krankenhäuser zu sichern, müsse diese "Deckelung" sofort aufgehoben werden. „Die systematische Unterdeckung der Krankenhäuser durch Anbindung an die Grundlohnrate müsse durch eine sofortige Umstellung der Finanzierungsgrundlagen der Krankenhäuser auf der Grundlage realistischer Kosten der Krankenhäuser und voller Einbeziehung von Tarifabschlüssen beendet werden“, erklärte der KGNW-Geschäftsführer stellvertretend für seine Amtskollegen aus den übrigen Bundesländern.

Allein die Analyse der Tarifabschlüsse für die kommunalen Krankenhäuser ergebe für den Zweijahreszeitraum 2008/2009 bereits eine Personalkostensteigerung von 1,7 Mrd. Euro. Wegen des Pilotcharakters der Abschlüsse dürften die Personalkosten auf alle Krankenhäuser hochgerechnet auf 4,2 Mrd. Euro steigen. Hinzu kämen die erheblich gestiegenen Sachkosten (z.B. Energie, Lebensmittel), die die Krankenhäuser in diesem und dem nächsten Jahr mit zusammen 3,8 Mrd. Euro belasten würden.

Diesem gigantischen Kostenanstieg von 8 Mrd. Euro stünden im gleichen Zeitraum voraussichtlich Erlössteigerungen von nur 1 Mrd. Euro aus der gesetzlich festgeschriebenen Vergütungserhöhung gegenüber. Ein Verhältnis von Kosten zu Erlösen von 8 zu 1 zu Lasten der Krankenhäuser sei nicht über Einsparungen in den Krankenhäusern finanzierbar.

„Vor dem Hintergrund dieser Kostenexplosion muss die völlig ungerechtfertigte Rechnungskürzung um 0,5 Prozent im Rahmen der Sanierungsabgabe zugunsten der Krankenkassen sofort gestoppt werden – und nicht erst ab Januar 2009, wie von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt beim Ärztetag in Ulm angekündigt“, kritisierte Richard Zimmer die Krankenhauspolitik der Bundesregierung. Zumal die deutschen Krankenhäuser nach jüngsten Studien und dem aktuellen OECD-Bericht im internationalen Vergleich effizient und kostengünstig wie kaum in einem anderen Land arbeiten würden.

Die Krankenhausausgaben als Anteil am Bruttoinlandsprodukt seien mit 3,7 Prozent in Deutschland seit 10 Jahren gleich geblieben. Der Anteil in Frankreich, Österreich, Italien für stationäre Leistungen liege darüber. Im internationalen Vergleich zu anderen OECD-Ländern seien die Krankenhausausgaben mit 787 Euro pro Einwohner in Deutschland vergleichsweise niedrig. Einen Spitzenplatz belegen die Krankenhäuser international auch beim wirtschaftlichen Einsatz des Krankenhauspersonals mit 11 Krankenhausmitarbeitern je 1.000 Einwohner. Ein Mitarbeiter müsse in Deutschland 20 Patienten versorgen – in anderen Industriestaaten deutlich weniger.

Die Kehrseite dieser enorm hohen Produktivität sei die hohe Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Folgen belegen bereits jetzt neueste Umfrageergebnisse, nach denen jeder zweite Patient über mangelnde Betreuung durch Ärzte und Pflegekräfte sowie über Stresssituationen in Kliniken klage.

Ein sofortiges Handeln des Gesetzgebers – der Deckel muss weg – sei jetzt zwingend erforderlich, damit die Krankenhäuser auch zukünftig die ihnen anvertrauten Patientinnen und Patienten auf hohem Qualitätsniveau sowie auf hohem medizinischen und medizin-technischen Niveau optimal versorgen könnten.