05. September 2006

Landesweiter Protest der Kliniken gegen die Gesundheitsreform

Düsseldorf, 5. September 2006 - Bei ihrer Auftaktpressekonferenz zu den landesweiten Protesten der 456 NRW-Kliniken gegen die Gesundheitsreform forderte die KGNW einen Stopp weiterer Krankenhaus-Belastungen

Landesweiter Protest der Kliniken gegen die Gesundheitsreform

KGNW fordert Stopp weiterer Krankenhaus-Belastungen

Düsseldorf, 5. September 2006 – „Die Politik ignoriert schlichtweg die Wirklichkeit in den Krankenhäusern“, kritisierte der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Dr. Johannes Kramer, im Rahmen der Auftaktpressekonferenz zu den landesweiten Protesten der 456 NRW-Kliniken gegen die anstehende Gesundheitsreform. Zugleich warnte Kramer vor Personalabbau, ungeordneten Klinik-Schließungen und Wartelisten für die Patienten. Dieses drohe aufgrund massiver finanzieller Belastungen der Häuser durch Gesundheitsreform, Tarifabschlüsse, Mehrwertsteuererhöhung und weitere politisch gewollte Mehrkosten.

Im Rahmen der Gesundheitsreform sollen die Krankenhäuser verpflichtet werden die Gesetzliche Krankenversicherung mit einer Zwangsabgabe in Höhe von 1 Prozent ihrer Budgets zu sanieren. Die bundesweit fälligen 500 Mio. Euro würden auf Landesebene 120 Mio. Euro entsprechen, die den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern entzogen würden. Neben dem geplanten Budgetabzug von 1 Prozent beklagte der KGNW-Präsident die neue Anschubfinanzierung für hochspezialisierte Leistungen von 0,5 Prozent des Budgets. „Dabei handelt es sich um ambulante Leistungen, die bisher von den Vertragsärzten und den ermächtigten Krankenhausärzten erbracht und auch dort vergütet wurden. Im Ergebnis sei dies eine weitere Kürzung der nordrhein-westfälischen Krankenhausbudgets um ca. 60 Millionen Euro (Bund: 250 Mio. Euro)“, so Kramer.

Zusätzlich würde die 1-prozentige Belastung der Klinikenbudgets (Bund: 500 Mio. Euro/NRW: 120 Mio. Euro) zur Anschubfinanzierung der Integrationsversorgung beibehalten. „Größtes Problem dabei ist, dass die Kassen nur mit einigen Kliniken IV-Verträge abschließen, aber von allen Krankenhausrechnungen 1 Prozent abziehen und dieses Geld nur zum Teil an die Häuser zurückfließt“, stellte Kramer als zentralen Kritikpunkt fest.

Insgesamt kämen auf die Krankenhäuser, egal welcher Trägerschaft, ab 2007 zusätzliche Kosten in Höhe von mindestens fünf bis sechs Prozent ihres Umsatzes zu, so der KGNW-Präsident. Die gesetzlich festgelegte Steigerung der Klinikbudgets von 0,63 Prozent für 2006 könne vor dem Hintergrund der bevorstehenden massiven Einschnitte nur als realitätsfremd bezeichnet werden.

Zusätzlich zu den Kosten der Gesundheitsreform (2,5 Prozent) kämen noch Belastungen durch die tarifbedingten Personalkostensteigerungen von ca. 2-3 Prozent des Budgets (Bund: 1,5 Mrd. Euro/ NRW: 300 Mio. Euro) und weitere ca. 1 Prozent (Bund: 500 Mio. Euro/ NRW: 120 Mio. Euro) aufgrund der Sachkostensteigerung durch die Mehrwertsteuererhöhung ab dem 1. Januar 2007 hinzu.

Die geplante Absenkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung um 2 Prozent zum 1. Januar 2007 sei auch im Zusammenhang mit den zu erwartenden Erhöhungen der Renten- und Krankenversicherung nicht viel mehr als der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“.

Zudem sei es völlig enttäuschend, dass in den Eckpunkten keine Lösung für den massiven Investitionsstau der Krankenhäuser gefunden wurde. Nach Berechnungen des Krankenhaus-Experten Dr. Ernst Bruckenberger beläuft sich der Investitionsstau allein für die 456 nordrhein-westfälischen Krankenhäuser auf 14,6 Milliarden Euro.

Außerdem würden die Kliniken in NRW seit Einführung des DRG-Systems – der Abrechnung nach Fallpauschalen mit festen Preisen statt nach Belegungstagen – für ihre wirtschaftliche Leistungserbringung praktisch mit einem im Bundesvergleich sehr niedrigen Basisfallwert bestraft (NRW: 2687,23 Euro/ BaWü: 2814,85 Euro).

Der KGNW-Präsident machte weiterhin deutlich, dass die herausragende wirtschafts- und arbeitsmarkpolitische Bedeutung der Krankenhäuser von der Politik leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. Mit rund 235 000 Beschäftigten und 18 000 Auszubildenden sind die Krankenhäuser einer der bedeutendsten Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen. Dr. Kramer appellierte mit Nachdruck an die nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten und an die NRW-Landesregierung, diesen faulen Gesundheitskompromiss zum Wohle der Patienten, der Mitarbeiter und der Krankenhäuser zu stoppen.

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Als Anlage Beispielrechungen zu den zu erwartenden Belastungen der Krankenhäuser im Jahr 2007. Einmal für Gesamt-NRW und einmal für die Städtischen Kliniken Bielefeld gGmbH (Geschäftsführer: KGNW-Präsident Dr. Johannes Kramer) durchgerechnet: