13. Februar 2001

Kassengutachten ignoriert spezifischen Versorgungsbedarf in Nordrhein-Westfalen

Stellungnahme der KGNW zum Gutachten der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe zur "Neustrukturierung der Krankenhausversorgung in Westfalen-Lippe"

Düsseldorf, 13. Februar 2001 – Das gestern der Öffentlichkeit vorgestellte Gutachten der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe zur "Neustrukturierung der Krankenhausversorgung in Westfalen-Lippe" ist ausschließlich von finanzwirtschaftlichen Interessen geleitet und zielt auf eine simple Ausgabenersparnis für die Krankenkassen, so die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) in einer ersten Stellungnahme. Der vorgesehene Abbau von 38 Krankenhäusern mit 4556 Planbetten, 70 Fachabteilungen mit 1826 Planbetten sowie weiteren 574 Betten in bestehenden Fachabteilungen allein in Westfalen-Lippe hinterlässt einen Kahlschlag, aber keine geordnete Krankenhausversorgung dieses Landesteils. Die Vorhaltefunktion der Krankenhäuser, die die Sicherstellung einer angemessenen Versorgung beispielsweise bei den Grippewellen in den Wintermonaten ermöglicht, wird im Kassengutachten ausgeblendet. Einflussfaktoren, die für eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung unerlässlich sind, allen voran der Gesundheitszustand der Bevölkerung, finden keine Berücksichtigung. Das Kassengutachten mit den ewig gestrigen statistischen Durchschnittsrechnungen wiederholt einmal mehr die längst überholte These, dass Krankenhausschließungen und Bettenabbau die Kosten der notwendigen Krankenhausversorgung senke.

Im Gegensatz zum Kassengutachten, dessen Zielstellung eines schlichten Kapazitätsabbaus allein für Westfalen-Lippe bereits bei der Auftragsvergabe vorformuliert wurde, hat die KGNW gemeinsam mit den beiden nordrhein-westfälischen Ärztekammern eine zukunftsorientierte Praxisstudie für die Krankenhausversorgung in ganz Nordrhein-Westfalen aus einem Guss in Auftrag gegeben, die den tatsächlichen Bedarfsmaßstäben einer qualifizierten, wohnortnahen, wirtschaftlichen Krankenhausversorgung in NRW Rechnung trägt. Ausgangspunkt der Analyse ist der Patient bzw. das bevölkerungsbezogene Krankheitsgeschehen. Die Studie, dessen Kernaussagen der Öffentlichkeit bereits am 18. Dezember 2000 vorgestellt wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass die derzeitige Krankenhauskapazität in Nordrhein-Westfalen aufgrund einer im Vergleich zu anderen Bundesländern nachweisbar erhöhten Krankheitsbelastung der Bevölkerung gegenwärtig angemessen ist. Zumal der Krankenhausbereich in Nordrhein-Westfalen wegen einer unterdurchschnittlichen Personalausstattung eben nicht – wie von namhaften Vertretern der Krankenkassenverbände in Westfalen-Lippe auch gestern wieder behauptet wurde - mit höheren Kosten für die Bevölkerung verbunden ist.

Reinhard Stadali, Geschäftsführer der KGNW: "Wir wollen keineswegs den Eindruck erwecken, dass wir für die Zukunft mehr Krankenhausbetten einfordern, im Gegenteil: Die Studie von BASYS und I + G kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass es aufgrund eines tiefgreifenden Strukturwandels im Gesundheitswesen auch künftig zu Anpassungen bzw. Verschiebungen innerhalb der Abteilungen der Krankenhäuser bis hin zu Bettenreduktionen kommen wird." Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Krankenhausseite in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit aktiv ökonomisch notwendige Anpassungen vorangetrieben habe. So seien in den Jahren 1990 bis 1999 bereits 24 582 Betten (- 14,8 %) abgebaut worden, dies bei einem Anstieg der Fallzahlen von rd. 500 000 Patienten (13,9 %) im gleichen Zeitraum.

Die Planungskompetenz für die Krankenhausversorgung in Nordrhein-Westfalen, so Stadali weiter, liege laut Gesetz beim Land und nicht bei den Krankenkassen. Somit relativieren sich die Ergebnisse des Kassengutachtens, zumal dieses mit Westfalen-Lippe nur einen Teil des Landes erfasst. An das zuständige Landesministerium richtete Stadali den dringenden Appell, sich nicht lediglich auf die ausschließlich ökonomischen, eingegrenzten Interessen der Kassen zu stützen, sondern die umfassend angelegten zukunftsfähigen konzeptionellen Grundlagen und Ergebnisse der auf ganz Nordrhein-Westfalen bezogenen Praxisstudie in seinen Planungsüberlegungen zu berücksichtigen. und diese Erkenntnisse zu einer wesentlichen Grundlage ihrer Versorgungsplanung zu machen.

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V. (KGNW) ist der Zusammenschluss der Krankenhausträger und ihrer Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Düsseldorf. Die Aufgabe der KGNW ist es, auf "eine der Würde des Menschen verpflichtete, humane, bedarfsgerechte, leistungsfähige, wirtschaftliche und finanziell abgesicherte Versorgung durch eigenverantwortlich tätige Krankenhäuser mit pluraler Trägerstruktur hinzuwirken". Sie vertritt die Interessen ihrer Mitgliedskrankenhäuser und nimmt die ihr gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung wahr. In den etwa 470 nordrhein-westfälischen Krankenhäuser werden jährlich mehr als 3,7 Millionen Patienten behandelt. Mit rund 250 000 Beschäftigten sind die Krankenhäuser einer der bedeutendsten Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen.