28. Mai 2018

Wenn verkalkte Gefäßabschnitte behandelt werden müssen

Neues Verfahren gegen Arteriosklerose am St. Vincenz

In Deutschland leiden etwa 4,5 Millionen Menschen an einer Durchblutungsstörung der Beine. Immer wieder fragen Patienten mit behandlungsbedürftigen Gefäßverkalkungen schmerzhaft, ob es nicht einen Entkalker für die Gefäße als Tablette geben würde. Bei den Waschmaschinen würde es ja schließlich auch funktionieren. Das ist leider nicht der Fall.

Neben der Gefäßoperation und der Katheteraufdehnung steht den Gefäßmedizinern um Chefarzt Dr. Jörg Forkel nun aber ein neues innovatives Verfahren zur Verfügung, das bereits bei über 50 Patienten mit schweren Verkalkungen der Beingefäße im St. Vincenz-Krankenhaus erfolgreich angewendet wurde. Dabei handelt es sich um eine minimal-invasive Kathetermethode, bei der die Verkalkung (Arteriosklerose) sprichwörtlich aufgebohrt und entfernt wird.

Bei der neuen Methode, die deutschlandweit derzeit an nur wenigen Zentren angewendet wird, kommt ein circa zwei Millimeter kleines und spezielles Kathetersystem zum Einsatz. „Neu ist, dass nicht wie bei der reinen Katheteraufdehnung die Verkalkung zur Seite an die Gefäßwand gedrängt wird, sondern über einen an der Katheterspitze sitzenden Bohrer aufgefräst und abgesaugt wird“, erklärt Dr. Forkel. So komme es nicht nur zu einer verbesserten Durchblutung der Beine, weil die Engstellen und Verschlüsse aufgebohrt würden, sondern die Verkalkungen in den behandelten Gefäßabschnitten würden komplett entfernt.

„Das Verfahren mit dem Namen Rotationsthrombektomie eignet sich besonders gut bei Patienten mit ausgeprägten, langstreckigen Verkalkungen, um – wenn technisch möglich - auf Stentimplantationen und Bypassoperationen zu verzichten“, so Dr. Forkel. Die Ärzte im St. Vincenz-Krankenhaus sind außerdem besonders von der schonenden Durchführungsmöglichkeit – nämlich ohne Vollnarkose - begeistert. Typischerweise erfolgt der kleine Eingriff mit lokaler Betäubung über die Leiste nur über einen Minischnitt (Punktion), bei dem der Katheter mit dem kleinen Bohrer an der Spitze eingeführt und zur Verkalkung im betroffenen Gefäß des Ober- oder Unterschenkels vorgeführt wird. Unter Röntgenkontrolle erfolgt dann der Einsatz der Mini-Fräse in der verstopften Arterie.

Je nachdem wieviel verkalkte Gefäßabschnitte behandelt werden müssen, dauert der Kathetereingriff zwischen 45 Minuten und zwei Stunden; der anschließende stationäre Aufenthalt im Krankenhaus circa vier Tage. „Mittlerweile führen wir dieses „Gefäßbohrverfahren“ drei bis vier Mal in der Woche durch“, so der leitende Oberarzt Dr. Saher Arour. Als Allzweckwaffe gegen Gefäßverkalkungen in den Beinen kann dieses neue Verfahren derweil noch nicht betrachtet werden. In Abhängigkeit von der Länge der Gefäßverschlüsse und der Gefäßregion sind operative Behandlungen wie Bypässe oder Kathetereingriffe zum Beispiel mit Stentimplantation weiterhin erforderlich.

Hintergrund:
Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder so genannten „Schaufensterkrankheit“ kommt es durch arteriosklerotische Veränderungen („Verkalkungen“) der Becken- und Beingefäße zu einer Durchblutungsstörung der Beine. Typische Folgen sind Schmerzen beim Gehen in der Wade und schlecht heilende Wunden an den Beinen. Als Hauptursachen dieser Erkrankung gelten Bluthochdruck, Zuckererkrankung, Rauchen und Fettstoffwechselstörungen. Oberstes Ziel der Mediziner ist es, die Schaufensterkrankheit früh zu erkennen und durch optimale Einstellung der oben genannten Risikofaktoren eine Zunahme der Verkalkungen zu verhindern, bevor Eingriffe notwendig werden.