10. Oktober 2012

Wenn der Mensch von digitalen Medien beherrscht wird

Neue Spezialambulanz hilft Betroffenen und Angehörigen bei Internet- und Computerspielabhängigkeit

Mehr als 500.000 Menschen in Deutschland gelten als medienabhängig, das heißt abhängig vor allem von Internet- und Computerspielen. Die exzessive Nutzung von Online-Spielwelten, Cybersex und sozialen Netzwerken geht häufig mit Depressionen, sozialen Ängsten oder Störungen von Aufmerksamkeit und Aktivität einher. Hilfe ist rar; Medienabhängigkeit gilt offiziell nicht als Krankheit, obwohl die Fälle seit Jahren zunehmen. LWL-Experte PD Dr. Bert te Wildt: “Im Gegensatz etwa zu Berlin, Hamburg, Köln oder Hannover mangelt es besonders im Ruhrgebiet eklatant an Therapieangeboten für medienabhängige Erwachsene.“ Eine neue Anlaufstelle für Betroffene gibt es seit dem 1. Oktober 2012 im Revier: die Medienambulanz in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des LWL-Universitätsklinikums Bochum im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Oberarzt PD Dr. Bert te Wildt leitet sie.
Hilfe tut not, wenn bei Betroffenen eine Vernachlässigung der Körperpflege, Ernährung und Gesundheit, soziale Probleme im persönlichen Umfeld sowie ein Leistungsabfall in Schule, Ausbildung und Beruf auftreten. „In unsere Ambulanz können medienabhängige Erwachsene ab 18 Jahren kommen, die infolge einer unkontrollierten Mediennutzung ein psychisches Leiden entwickelt haben“, so te Wildt, „wir möchten unseren Patientinnen und Patienten jenseits der virtuellen Welt Wege in ein erfülltes Leben in der konkreten Realität aufzeigen.“ In der Ambulanz können sich aber auch Angehörige medienabhängiger Menschen vorstellen, die zumeist unter einem nicht minder großen Leidensdruck stehen.
Zum Angebot der Mediensprechstunde gehört neben einer ausführlichen Untersuchung und Diagnosestellung die Beratung von Probanden und Angehörigen über verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, gegebenenfalls auch eine Weitervermittlung an andere Facheinrichtungen. Prof. Dr. Stephan Herpertz, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im LWL-Universitätsklinikum Bochum, freut sich über die Erweiterung des Klinikangebots: „Mit Dr. te Wildt haben wir einen fachkompetenten Kollegen gewonnen, der mit seinem Spezialgebiet den Bedarf der Zeit trifft.“ Dank der Anbindung an die Universität und entsprechender Forschungskapazitäten wird es möglich sein, die bislang noch wenigen Studien zum Problemfeld Medienabhängigkeit, das sich auch in anderen westlichen Ländern ausweitet, wissenschaftlich zu untermauern.“
Experte te Wildt ist Mitbegründer und Vorsitzender des 2008 gegründeten Fachverbands Medienabhängigkeit. In ihm sind rund 120 Forscher und Praktiker aus dem europäischen deutschsprachigen Raum zusammengeschlossen.
Weitere Informationen sind im Internet unter www.lwl-uk-bochum.de/klinik-fuer-psychosomatische-medizin-und-psychotherapie oder www.fv-medienabhaengigkeit.de) abrufbar.

Kontakt zur Medienambulanz: Tel. 0234 5077-3333 und E-Mail anja.volke@wkp-lwl.org

Öffnungszeiten montags – freitags, 8.00 Uhr – 16.00 Uhr (Termine nach telefonischer Vereinbarung)