18. Juli 2013

Theater und Tanz für Geist, Körper und Seele

LWL-Universitätsklinikum Bochum erweitert Behandlungsprogramm für demenziell erkrankte Menschen

Mit Theater und Tanz gegen das Vergessen – neben den bekannten Behandlungsmethoden wie zum Beispiel Psychopharmakotherapie, Hirnleistungs- und Gedächtnistraining oder das Trainieren und Erhalten von Alltagsfähigkeiten bietet die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin des LWL-Universitätsklinikums Bochum im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ihren demenziell erkrankten Patientinnen und Patienten seit neuestem auch die Tanz- und Theatertherapie an. Die Patienten erhalten hierbei einen therapeutischen Zugang unter anderem über Emotionen; sie nehmen körperliche Signale und persönliche Kompetenzen wahr und erleben sich bewusster.

„Wir haben mit den neuen Behandlungsbausteinen bislang sehr gute Erfahrungen gemacht“, so Prof. Dr. Georg Juckel, Ärztlicher Direktor des LWL-Universitätsklinikums Bochum. „Unsere Patienten profitieren von diesem zusätzlichen Angebot.“

Die Tanztherapie ist ein psycho-körpertherapeutisches Verfahren, das sich in den vierziger Jahren in den USA entwickelt hat. Im Rahmen einer integrativen Therapie werden Körper, Seele, Geist und das Sozialwesen als eine Einheit betrachtet. Aus diesem Ansatz heraus gestalten sich die therapeutischen Inhalte. „In erster Linie geht es in der Tanztherapie darum, den großen Ressourcenschatz unserer Patienten zu nutzen und mit dessen Hilfe wieder einen Kontakt zu sich selbst herzustellen“, erklärt Tanztherapeutin Miriam Glock. „Beim Tanzen sollen unsere Patienten vor allem ihre positiven Seiten spüren.“

In der Theatertherapie geht es um die Schulung der Körperwahrnehmung: Kann ich mich von Kopf bis Fuß spüren? Wie atme ich? Wie sind meine gewohnten Bewegungsabläufe? Kann ich sie verändern? Was passiert in meinem Körper, wenn ich wütend, traurig, ängstlich oder freudig bin? Theatertherapeutin Caroline Kühnl: „Solche Fragen und entsprechenden Übungen ermöglichen einen ungewohnten Zugang zum eigenen Körper. Sie fordern dazu auf, genau hinzusehen und hinzuspüren.“ Die im Alter noch vorhandenen körperlichen Fähigkeiten werden erkannt und Verluste ausgeglichen. „Ich kann zwar nicht mehr schnell rennen, aber ich habe meinen Spaß am Tanzen nie verloren, und ich kann sogar auf einem Stuhl sitzend tanzen und auf der Bühne damit andere beeindrucken“, macht Kühnl deutlich. „Die Hilflosigkeit des Alters wird gemildert und neu integriert.“

In Deutschland leben zur Zeit etwa 1,4 Millionen demenziell erkrankter Menschen (Bochum: ca. 7000), die eine spezielle Behandlung benötigen. Die häufigste Ursache ist eine Alzheimer-Erkrankung. Hierbei gehen die geistigen Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Urteilsfähigkeit, zeitliche und räumliche Orientierung langsam fortschreitend verloren. Eine sorgfältige Untersuchung, frühzeitige Diagnose und eine wirksame Therapie sind wichtig, um für den Patienten und sein soziales Umfeld eine höchstmögliche Lebensqualität zu erreichen. In ihrem Track „Psychische Erkrankungen des höheren Lebensalters“ ist die Klinik seit vielen Jahren auf die Behandlung von Frauen und Männern, die älter als 60 Jahre sind, spezialisiert. Neben Demenzen werden hier unter anderem Depressionen, Angsterkrankungen, Schizophrenien und organisch-psychotische Störungen sowie Suchterkrankungen behandelt.

Patientinnen und Patienten mit demenziellen Erkrankungen und Depressionen im Alter werden nach medizinischer Notwendigkeit (z.B. Schweregrad der Erkrankung) stationär, teilstationär und ambulant behandelt oder können je nach Erfordernis zwischen diesen Bereichen wechseln. Diese multiprofessionelle Behandlung "aus einer Hand" verfolgt das Ziel, Patientinnen und Patienten bei der Bewältigung ihrer z.B. durch Krankheit oder durch Verlusterlebnisse hervorgerufenen Krisen zu begleiten.

Bildzeile:
Mit Theater und Tanz demenziell erkrankten Menschen helfen: Tanztherapeutin Miriam Glock (Mitte) und Theatertherapeutin Caroline Kühnl (2.v.r.) mit Prof. Dr. Georg Juckel, Ärztlicher Direktor, Fachärztin Dr. Ute Brüne-Cohrs und Oberarzt Dr. Rainer Wolf (v.l.n.r.). (Bildquelle: LWL)