17. Juni 2010

Schulungszentrum für Rekonstruktionssysteme

Großes Infoangebot zur Welt-Kontinenz-Woche

Wenn sich der Beckenboden bei einer Frau senkt, hält die Blase nicht mehr dicht. Doch es kann weitaus schlimmer kommen: In einigen Fällen werden sogar Teile der Gebärmutter durch die Scheide nach draußen geschoben. Hilft bei leichten Absenkungen schon eine spezielle Gymnastik, um den Beckenboden wieder zu straffen, muss bei schweren Verläufen operiert werden. In solchen Fällen kann ein Netz in den Beckenboden eingesetzt werden, das die Organe in ihre Position zurückbringt.
In der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des St. Marien-Krankenhauses Siegen, Chefarzt Dr. med. Thomas Schäfer, wird ein Netzmaterial verwendet, das bei einer Beckenbodensenkung die stützende Funktion der Muskulatur und der umgebenden Bänder übernimmt. Es trägt dazu bei, dass abgesenkte Organe wieder an ihre ursprüngliche Position gebracht werden und ein erneutes Absenken verhindert wird. Dabei verfügen die Gynäkologen im St. Marien-Krankenhaus Siegen über die größte Erfahrung in der Region hinsichtlich der operativen Stabilisierung des Beckenbodens und sind seit Mai 2010 ein Schulungszentrum für die Implantation von Netzen – Gastärzte aus Klinken der ganzen Bundesrepublik suchen die Klinik auf, um sich für die Anwendung dieser Behandlungsmethode schulen zu lassen.

"Die Lebenserwartung steigt stetig. Doch können die mit einer Beckenbodensenkung verbundenen Beschwerden die Lebensqualität schnell trüben", sagt Dr. med. Badrik Melekian, Leitender Oberarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im St. Marien-Krankenhaus Siegen. Das Risiko einer Beckenbodensenkung erhöhe sich mit zunehmendem Alter, doch seien nicht nur ältere Frauen betroffen: Auch Schwangerschaften, schwere körperliche Belastungen, chronische Bronchitis, Übergewicht, Östrogenmangel sowie genetisch veranlagte Bindegewebsschwäche könnten die Ursache sein. "Mittlerweile gehörten Senkungsoperationen zu den häufigsten gynäkologischen Operationen", so Melekian.
Die Beckenbodenmuskulatur und die umgebenden Bänder funktionieren normalerweise wie eine Hängematte. Sie bilden im Becken den so genannten Beckenboden und stützen Gebärmutter und Scheide. "Frauen mit einem geschädigten Beckenboden können unter Rückenschmerzen, Druckgefühl oder Schmerzen leiden. Sie bemerken möglicherweise ungewollten Stuhl- oder Harnabgang", erklärt Dr. med. Badrik Melekian. Wichtig sei, dass die Patientinnen den Mut haben ihren Frauenarzt anzusprechen. Veranstaltungen wie die Welt-Kontinenz-Woche vom 21. bis 27. Juni sollen da Hemmschwellen senken - das St. Marien-Krankenhaus Siegen eröffnet mit Kontinenz Selbsthilfegruppe diese Woche am 21. Juni um 9 Uhr mit einer Ausstellung und Fachvorträgen im Foyer des Krankenhauses.
Einige Tage nachdem das Netzmaterial eingebracht worden ist, wächst das körpereigene Gewebe durch die Poren des Netzes hindurch und verstärkt so die Bänder des Beckenbodens. "Die Zugfestigkeit des Körpergewebes wird durch das implantierte Netz erheblich gestärkt und die vorliegenden Beckenbodendefekte vollständig behoben", erklärt Dr. med. Badrik Melekian weiter. "Das im St. Marien-Krankenhaus Siegen implantierte Netz der neusten Generation stützt die Beckenorgane genau so wie von der Natur vorgesehen. Die Ergebnisse sind selbst für Ärzte verblüffend." Erfahrungen zufolge biete die Methode eine Heilungschance von etwa 90 Prozent. "Wir wenden das Verfahren jedoch erst dann an, wenn Beckenbodengymnastik, hormonelle Behandlungen und andere Therapien ausgeschöpft sind", so Dr. Melekian.

Das im St. Marien-Krankenhaus Siegen implantierte Netz basiert auf einem nicht vom Körper abbaubaren Faden. Der Körper akzeptiert das Netz ganz natürlich; es fördert die Bildung von Bindegewebe um das Netz herum. Die Porenstruktur des Implantats ermöglicht es dem neuen körpereigenen Gewebe zudem, Halt zu finden und schnell mit dem Netz zu verwachsen. "Die bei uns angewendete Methode ermöglicht es sogar, Senkungen zu beheben, ohne die Gebärmutter dabei entfernen zu müssen", sagt Dr. med. Badrik Melekian. "Äußerlich sind nur einige, wenige Zentimeter große Schnitte erforderlich, die später so gut wie nicht mehr sichtbar sind." Nach dem Eingriff verbringen die Patientinnen sieben bis zehn Tage im Krankenhaus. Nach etwa sechs Wochen können sie dann ihren normalen Tagesablauf wieder aufnehmen und sich auch normal sportlich betätigen.