09. Oktober 2009
Prostatakrebs von innen bekämpfen
Evangelisches Krankenhaus Witten erweitert sein Behandlungsspektrum um die Brachytherapie
Witten, 9. Oktober 2009. Das Evangelische Krankenhaus Witten hat am heutigen Freitag, 9. Oktober, bei der Behandlung des Prostatakarzinoms ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Chefärzte Dr. Andreas Wiedemann (Urologie) und Dr. Jamil Katiran (Strahlentherapie) setzten bei einem rund dreistündigen, minimalinvasiven Eingriff ultraschallgesteuert etwa 50 sogenannte Seeds - kleine Metallstifte, die Strahlung abgeben - in die erkrankte Prostata eines 75 Jahre alten Mannes ein. Bereits am Montag soll ein weiterer Tumorpatient auf diese Weise behandelt werden.
Damit erweitert das Evangelische Krankenhaus Witten sein Behandlungsspektrum bei Prostatakarzinomen - und bietet als erste und bislang einzige Klinik im Ennepe-Ruhr-Kreis die sogenannte Brachytherapie an. \"Für den Patienten ist sie besonders schonend\", erläutert Dr. Wiedemann. \"Deshalb eignet sie sich auch und gerade für ältere Patienten oder Herz-Kreislauf-Kranke, denen eine Operation nicht zugemutet werden kann.\"
Die Brachytherapie - brachys (griechisch) bedeutet nah/kurz - ist eine Form der Strahlentherapie, bei der die Strahlenquelle direkt im Körper des Patienten an der Stelle der Erkrankung platziert wird. Die Strahlungsenergie kann so ganz lokal und gezielt angewendet werden. Damit können Folgeschäden an gesundem Gewebe minimiert werden. Die Nebenwirkungen der Behandlung seien deshalb erheblich geringer, erklärt Wiedemann. Während bei der normalen Bestrahlung durch die Haut hindurch eine Reizblase oder ein Reizdarm bis hin zur Harn- und Stuhlinkontinenz vorkommen können, sei dies bei der Brachytherapie so gut wie nicht der Fall. Auch eine Beschädigung der sogenannten Potenznerven, die in der Nähe der Prostata verlaufen und die dafür sorgen, dass das männliche Glied steif wird, komme wesentlich seltener vor.
Der Eingriff, bei dem die Seeds in den Körper eingesetzt werden, erfolgt minimalinvasiv. Dabei wird lediglich die Prostata mit einer Hohlnadel punktiert. Der Strahlentherapeut koordiniert und berechnet die Lage der Seeds. Der Urologe positioniert sie mit Hilfe des Ultraschalls vom Darm aus. Dabei ist höchste Präzision erforderlich, weshalb der Eingriff mit zwei bis drei Stunden relativ lange dauert. Um die Brachytherapie durchführen zu können, benötigt eine Klinik neben Spezialisten der Fachrichtungen Urologie und Strahlentherapie auch ein spezielles Hightech-Ultraschallgerät. Ein solches hat das Evangelische Krankenhaus Witten kürzlich für das neue Behandlungsverfahren angeschafft.
Nach dem Eingriff verbleibt der Patient zwei bis drei Tage im Krankenhaus. Zum Vergleich: Nach einer operativen Entfernung der erkrankten Prostata beträgt die Liegezeit etwa 14 Tage. Weitere Folgebehandlungen sind bei der Brachytherapie - abgesehen von den üblichen Kontroll- und Nachsorge-Untersuchungen - in der Regel nicht erforderlich. Die Seeds verbleiben dauerhaft im Körper und stören nicht. Nur in sehr seltenen Fällen, wenn sie ihre Position verändern, müssen sie später wieder entfernt werden.
Die Erfolgsquoten der Brachytherapie sind mit denen der klassischen Bestrahlung von außen und der Operation vergleichbar. Allerdings eignet sich die Brachytherapie nicht für alle Formen des Prostatakrebses. Sehr gut lässt sich mit ihr das auf das Organ begrenzte Prostatakarzinom behandeln, das nicht sehr aggressiv ist. Bei aggressiven Tumorformen oder wenn die Prostata sehr groß ist, muss immer noch operiert werden.
Die Klinik für Urologie des Evangelischen Krankenhauses Witten unter der Leitung von Dr. med. Andreas Wiedemann verfügt über 35 Betten. Jährlich werden rund 1.800 Patienten stationär behandelt und zusätzlich zirka 500 ambulante Operationen durchgeführt. Die Urologische Klinik bietet Patienten alle operativen und konservativen Verfahren der modernen Urologie und Neurourologie zur Behandlung von Harnsteinen, Harninkontinenz oder Tumorerkrankungen des Harntraktes sowie der männlichen Geschlechtsorgane inklusive der Prostata an.
Die Klinik für Strahlentherapie wird von Dr. med. Jamil Katiran geleitet und verfügt über fünf Betten. Hauptaufgabe der Abteilung ist eine qualitativ hochwertige ambulante und stationäre Behandlung, Beratung und Betreuung tumorkranker Patienten.