12. November 2019

Neuer Antibiotika-Träger aus Eigenblut bekämpft Knocheninfektionen

Chirurg des Bergmannsheils erhält Herbert-Lauterbach-Preis

Knocheninfektionen können vielfältige und lang anhaltende Beschwerden auslösen und erfordern oft eine sehr anspruchsvolle Behandlung. Um die übliche lokale Antibiotika-Therapie zu optimieren, erforscht Priv.-Doz. Dr. Jan Geßmann, Leitender Oberarzt der Chirurgischen Klinik am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil (Direktor: Prof. Dr. Thomas A. Schildhauer) eine besondere Trägermatrix aus körpereigenem Biomaterial: Dieser sogenannte Plasmaclot kann auf den betroffenen Knochen aufgetragen werden und dann gezielt das Antibiotikum freisetzen, um die Infektion zu bekämpfen. Für seine Arbeit hat Dr. Geßmann als einer von zwei Preisträgern den diesjährigen Herbert-Lauterbach-Preis erhalten. Die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin verliehen. Weiterer Preisträger ist Dr. Florian Neubrech, Oberarzt an der BG Unfallklinik Frankfurt.

Gel aus Eigenblut

Mediziner behandeln infizierte Knochen häufig mit lokal angewandten Antibiotika (Antibiose). Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Infektion direkt am Wirkort behandelt wird. Oft werden dabei Antibiotika-beladene Biomaterialien wie Kollagen-Schwämme oder Knochenersatzmaterial (PMMA) als Träger verwendet. Dr. Geßmann und seine Arbeitsgruppe haben untersucht, ob sich auch ein körpereigenes (autologes) Biomaterial als Freisetzungssystem für Antibiotika eignet. Dafür wählten die Forscher sogenannte Plasmaclots. Plasmaclots werden hergestellt, indem man aus dem Vollblut des Menschen die Blutflüssigkeit (Blutplasma) abtrennt. Dieser Flüssigkeit wird Kalzium beigemischt, wodurch ein relativ festes Gel entsteht. Vorteile dieses Materials: Es stammt vom Patienten selbst, erzeugt also keine Fremdkörperreaktion, es ist im Körper abbaubar, und es weist eine Mikrostruktur auf, die diffusionsfähig ist. Bevor das Material in ein Gel umgewandelt wird, wird es mit bestimmten Antibiotika vermengt. Das Gel (sogenanntes Plasmaclot-Antibiotika-Trägersystem) kann dann lokal auf den betroffenen Knochen aufgetragen werden und dort das Antibiotikum zielgenau freisetzen.

Förderung durch die DGUV

Dr. Geßmann und sein Team haben in ihrer Machbarkeitsstudie gezeigt, dass das Verfahren großes Potenzial hat, die lokale Antibiotikatherapie bei Knocheninfektionen zu optimieren. Sie fanden aber auch heraus, dass aufgrund der verschiedenen Protein-Bindungseigenschaften und Diffusionseigenschaften der getesteten Substanzen nicht alle Antibiotika für dieses Verfahren geeignet sind. Die Studie wurde gefördert von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

Originalveröffentlichung:
Jan Geßmann, Dominik Seybold, Fahim Ayami, Elvira Peter, Hinnerk Baecker, Thomas Armin Schildhauer, Manfred Köller: Peripheral Blood Plasma Clot as a Local Antimicrobial Drug Delivery Matrix, in: Tissue Engineering Part A, Mai 2018. https://doi.org/10.1089/ten.TEA.2017.0319

Bild: PD Dr. Jan Geßmann (2. v. r.) bei der Preisverleihung. Bildnachweis: ©T_Tanzyna_Intercongress

Über das Bergmannsheil

Das BG Universitätsklinikum Bergmannsheil zählt zu den größten Akutkliniken der Maximalversorgung im Ruhrgebiet. 1890 als erste Unfallklinik der Welt zur Versorgung verunglückter Bergleute begründet, vereint das Bergmannsheil heute 23 hochspezialisierte Kliniken und Fachabteilungen unter einem Dach. Rund 2.200 Mitarbeiter stellen die qualifizierte Versorgung von rund 84.000 Patienten pro Jahr sicher.

Das BG Universitätsklinikum Bergmannsheil gehört zur Unternehmensgruppe der BG Kliniken. Die BG Kliniken sind spezialisiert auf die Akutversorgung und Rehabilitation schwerverletzter und berufserkrankter Menschen. In neun Akutkliniken, zwei Kliniken für Berufskrankheiten und zwei Ambulanzen versorgen über 13.000 Beschäftigte mehr als 560.000 Fälle pro Jahr. Träger der BG Kliniken sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Weitere Informationen: www.bergmannsheil.de, www.bg-kliniken.de

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