02. Dezember 2016

Land kommt seiner Investitionspflicht nicht nach

Krankenhäusern in Paderborn fehlen jährlich 16,2 Millionen Euro

Paderborn/Detmold. Für Montag, den 21. November, hatten die Krankenhäuser aus dem Kreis Paderborn zusammen mit dem Klinikum Lippe-Lemgo zu einer Informationsveranstaltung im Rahmen des „Bündnis für gesunde Krankenhäuser“ eingeladen. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen waren der Einladung der Kliniken ins Paderborner Welco-me-Hotel gefolgt, um sich über die Auswirkungen der Finanzierungslücke im Investitionsbe-reich der Krankenhäuser zu informieren, die das Rheinische-Westfälische Institut für Wirt-schaftsforschung (RWI) im Auftrag der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) ermittelt hat.
Was die Kliniken auch in unserer Region seit Jahrzehnten spüren, belegt nun erstmals eine flächendeckend erhobene Studie: Nordrhein-Westfalens Krankenhäuser sind strukturell un-terfinanziert. 500 Millionen Euro investierte das Land 2014 in die Infrastruktur und Technik seiner Kliniken. Der tatsächliche Investitionsbedarf liegt jedoch bei 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Im Ergebnis beträgt die jährliche Förderlücke damit 1 Milliarde Euro. Für die Kranken-häuser im Kreis Paderborn beläuft sich die Lücke auf 16,2 Millionen Euro, den Kreisen Höxter und Lippe fehlen gemeinsam 18,4 Millionen Euro. Jochen Brink, Präsident der KGNW, stellte die entsprechenden Studienergebnisse bei der Veranstaltung des Paderborner „Bündnis für gesunde Krankenhäuser“ vor. „Schon heute müssen viele Kliniken dringende Investitionen in Gebäude und Medizintechnik aufschieben oder aus anderen Töpfen bezahlen“, so der KGNW-Präsident. „Die Ressourcen fehlen dann an anderer Stelle, wo sie einen unmittelbaren Nutzen für Patienten und Mitarbeiter hätten.“
Dr. Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer der St. Vincenz-Krankenhaus GmbH und Präsident des Verbands der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), bestätigte dies aus der Praxis: „Die Baupauschale des Landes reicht gerade einmal, um damit eine große Maßnahme zu finanzieren. Absolut dringend zur Sicherstellung der Patientenversorgung ist der Ersatzneu-bau des fast 50 Jahre alten OPs des St. Vincenz-Krankenhauses in Salzkotten. Für den ebenso dringenden Ersatzneubau der Frühchen-Intensivstation in Paderborn haben wir jetzt keine Fördermittel mehr. Nach einem Betrieb der Frühchen-Intensivstation von annähernd 30 Jah-ren mit einer dringend nötigen Anpassung an die aktuellen Hygienerichtlinien benötigen wir hierfür aber auch Fördermittel. Die Maßnahme duldet keinen Aufschub. Zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Daniel Sieveke hatten wir Gesundheitsministerin Barbara Steffens bereits im April dieses Jahres angeschrieben. Diese hat die gesetzlich vorgeschriebene För-derverpflichtung des Landes jedoch abgelehnt. Wir werden das nicht auf sich beruhen las-sen.“
Krankenhäuser wichtige Standortfaktoren der Region
Auch Landrat Manfred Müller und Peter Gödde, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwer-kerschaft Paderborn-Lippe, stellten im Zuge der Podiumsdiskussion die Bedeutung der Kran-kenhäuser für die Stabilität der Infrastruktur und die Attraktivität einer Region heraus. Die dauerhafte Unterfinanzierung der Krankenhäuser habe nicht nur Folgen für den Substanzer-halt und die Sicherung der Patientenversorgung. Die Kliniken gehörten zudem zu den größten Arbeitgebern und Ausbildern der Region, seien Versorgungsbetrieb und Bauherren. Pro Jahr vergeben die Kliniken gemeinsam über 20 Millionen Euro an die regionale Handwerkerschaft. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Den größten Teil davon, stemmen die Krankenhäuser aufgrund der mangelnden Investitionsförderung durch das Land mittlerweile aus Eigenmit-teln, was erheblich zu Lasten der Betriebsergebnisse der Kliniken geht.
Bündnis nimmt Land in die Pflicht
Die Paderborner und Lipper Krankenhäuser richten als Mitglieder im „Bündnis für gesunde Krankenhäuser“ einen dringenden Appell an das Land NRW, die benötigten Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, um die notwendigen Investitionskosten zu decken. Dabei verweisen sie auf das Krankenhausfinanzierungsgesetz, das den Ländern gesetzlich die Verantwortung für die Investitionsförderung zuweist: „Wir wollen, dass die Menschen auch in 20 Jahren noch vom medizinischen Fortschritt profitieren – unabhängig von ihrem Einkommen, Alter oder Wohnort“, erklärt Jochen Brink in Paderborn. „Deshalb muss Gesundheit auch in Zukunft eine Gemeinschaftsaufgabe bleiben. Das Land sollte seinem gesetzlichen Auftrag gerecht werden.“

Bündnis für gesunde Krankenhäuser
Das „Bündnis für gesunde Krankenhäuser“ ist ein Zusammenschluss von Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen. Im Rahmen des Bündnisses hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) erstmals den konkreten Investitionsbedarf in den Krankenhäu-sern in Nordrhein-Westfalen ermittelt. An der Studie haben 93 Prozent der Krankenhäuser in NRW teilgenommen, die im Krankenhausplan aufgenommen und damit förderfähig sind, darunter auch alle Krankenhäuser der Kreise Paderborn, Höxter und Lippe.
Mehr unter www.gesunde-krankenhaeuser.de.