06. November 2012

Hochkarätige Fachveranstaltung

Kinder psychisch kranker Eltern

Rund 27 Prozent der stationär behandelten Psychiatrie-Patienten haben Kinder unter 18 Jahren. Das Risiko, dass Kinder psychisch kranker Eltern selbst psychisch erkranken, ist deutlich höher als in unbelasteten Familien. Um zu zeigen, wie wichtig es ist, Kinder als Angehörige stärker in den Blick zu nehmen, organisierte die Alexianer Aachen GmbH bereits im letzten Jahr eine Initialfachtagung zum Thema „Kinder psychisch kranker Kinder“. Nach dem großen Erfolg der ersten Veranstaltung, fand jetzt eine Folgeveranstaltung statt. Die Veranstaltung wurde von der Alexianer Aachen GmbH in Kooperation mit der Katholischen Hochschule Aachen, dem Interessenkreis „Kinder psychisch kranker Eltern“ des Sozialpsychiatrischen Dienstes der StädteRegion Aachen sowie dem Kinderschutzbund Aachen organisiert. Sie trug den Titel „Wir haben das gleiche Anliegen. Kinder psychisch kranker Eltern im Spannungsfeld zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Erwachsenenpsychiatrie“.
Rund 75 Experten aus dem Gebiet der StädteRegion Aachen nahmen teil, Mitarbeiter der Kinder-, Jugend- und Erwachsenen-Psychiatrie, von Jugend- und Gesundheitsämtern, niedergelassene Psychotherapeuten und verwandte Berufsgruppen. Ein Großteil war bereits zum zweiten Mal dabei.
„Die große Resonanz zeigt uns, wie hoch das Interesse an diesem Thema ist und dass von allen Teilnehmern ein hohes Maß an Verständigung und Kooperation gewünscht ist. Wenn wir es schaffen, eine bessere Vernetzung zwischen den einzelnen Professionen und Institutionen, speziell den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe herzustellen, können Hilfestellungen konstruktiver angegangen werden“, betont Dr. Michael Plum, Ärztlicher Direktor des Alexianer-Krankenhauses Aachen.
Professorin Dr. Ute Antonia Lammel, Katholische Hochschule Aachen, eröffnete die Tagung mit dem Vortrag „Gesundes Überleben trotz widriger Umstände – Unterstützungsbedarf für Kinder psychisch kranker Eltern“. Sie betonte, dass allein 18 Prozent der Kinder- und Jugendlichen in Deutschland psychische Auffälligkeiten aufweisen, deswegen sei es besonders wichtig, frühzeitig Maßnahmen einzuleiten, um dem entgegenzuwirken. Die Referentin gab den Teilnehmern einen Überblick über die aktuelle Risiko- und die Resilienzforschung (Seelische Widerstandsfähigkeit). Nach dem Vortrag stellte die Diplom-Sozialpädagogin Vera Magolei vom Kinderschutzbund Aachen das Modellprojekt „AKisiA – Auch Kinder sind Angehörige!“ vor.
Im Anschluss folgten Workshops, in denen an konkreten Fallbeispielen aus der Praxis lösungsorientierte Strategien, Hilfebedarfe und Entwicklungsnotwendigkeiten erarbeitet wurden. Zu den Themen gehörten „Erfahrungsaustausch professioneller Kräfte anhand einer Fallbesprechung“, „Wie spreche ich erkrankte Eltern an? Wie können diese ihre Kinder stärken?“ und „Was sagt man den Kindern? Was lässt man besser?“
Am Ende der Veranstaltung wurden die Ergebnisse der einzelnen Workshops vorgestellt und in einer Podiumsdiskussion aufgearbeitet. Die Moderation der Diskussion übernahm Dr. Wolfgang Naber vom Gesundheitsamt der Städteregion Aachen.
„Um psychisch erkrankten Kindern die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten, müssen mit allen im Versorgungssystem beteiligten Einrichtungen Lösungswege entwickelt werden. Die verschiedenen Institutionen müssen die Angebote der anderen kennen, um Hilfsangebote besser vermitteln zu können“, erklärt Dr. Britta Souvignier, themenbeauftragte Ärztin im Alexianer-Krankenhaus Aachen. Und fügt hinzu: „Auch im nächsten Jahr wird es wieder eine Veranstaltung zu diesem Thema geben, um neue Kontakte zu knüpfen, bereits bestehende Kontakte zu vertiefen und zu festigen“.
Bereits seit Jahren befasst sich das Alexianer-Krankenhaus mit der Situation der Kinder seiner Patienten. So verfügt das Krankenhaus beispielsweise über Eltern-Kind-Zimmer, damit Patienten auch mit Kind aufgenommen werden können, wenn die familiäre Situation es erfordert. Es gibt regelmäßig Führungen für Kinder psychisch kranker Eltern, damit die Kinder den Ort, an dem sich ihre Eltern aufhalten, gründlich kennenlernen können. So erhalten sie Einblick, und es entsteht automatisch ein Raum für Fragen über die Erkrankung. Zusätzlich informiert AKisiA die Patienten des Alexianer-Krankenhauses regelmäßig über das Angebot für Kinder und Familien, das unter anderem Einzel- und Familiengespräche, kindgerechte Informationen über psychische Krankheiten, Gruppenangebote für Kinder und Jugendliche zum Austausch eigener Erfahrungen, Freizeitangebote für die Familien oder auch Eltern- und Erziehungsberatung umfasst.

Foto: Die Experten der Fachtagung (v. l.): Dr. Wolfgang Naber, Gesundheitsamt der StädteRegion Aachen, Professorin Dr. Ute Antonia Lammel, Katholische Hochschule Aachen, Jutta Weber, Pflegerische Fachbereichsleitung Allgemeinpsychiatrie Alexianer-Krankenhaus Aachen, Dr. Britta Souvignier, themenbeauftragte Ärztin Alexianer-Krankenhaus Aachen, Jutta Breuer, Sozialpsychiatrischer Dienst der StädteRegion Aachen, Vera Magolei und Andrea Valdivia, AKisiA/Kinderschutzbund Aachen, Dr. Michael Plum, Ärztlicher Direktor Alexianer-Krankenhaus Aachen