17. Mai 2013

Hilfe! Mehr Zeit für Pflege!

Bürgermeister Dreier begleitet ambulanten Pflegedienst APZ

Bereits seit Ende letzten Jahres machen die ambulanten Pflegedienste im Kreis Paderborn durch verschiedene Aktionen auf ihre schlechten Rahmenbedingungen aufmerksam. Sie fordern eine Verschlankung des Dokumentationsaufwands verbunden mit mehr Zeit für die Patienten sowie eine angemessene Vergütung der Pflegeleistung. Im Rahmen der landesweiten Kampagne „Hilfe! Mehr Zeit für Pflege!“ engagierte sich das Ambulante Pflegezentrum des St.-Josefs-Krankenhauses Salzkotten (kurz: APZ) am Mittwoch ein weiteres Mal für eine Verbesserung der Gesamtsituation. Das Team hatte Salzkottens Bürgermeister Michael Dreier eingeladen, eine Tour zu begleiten. Dieser war der Einladung gern gefolgt: „Das Entscheidende ist, dass man selber einmal sieht, worum es bei einem Thema geht“, betonte Dreier. Nach seinem „Dienst“ zeigt er sich von der Arbeit des Teams tief beeindruckt: „Die Patienten freuen sich richtig, wenn der Pflegedienst kommt. Über die medizinische Hilfe einerseits, vor allem aber darüber, dass ein Mensch zu ihnen kommt, der da ist und sich um sie kümmert.“ So übernähmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel mehr als „nur“ eine Pflegeaufgabe.

Doch genau dieser wichtige Aspekt wird für die ambulanten Pfleger immer schwieriger. „In festgelegten Leistungsgruppen ist genau definiert, wie lange eine Pflegefachkraft für eine bestimmte Tätigkeit brauchen darf“, erklärt Markus Kamin, Pflegedirektor im St.-Josefs-Krankenhaus. Allerdings sei der Dokumentationsaufwand in den letzten Jahren drastisch angestiegen. Inzwischen verbrächten die Mitarbeiter ein Viertel ihrer Arbeit mit „Schreibkram“. „Trotz der zunehmenden Formalien, wurde das zur Verfügung stehende Zeitkontingent jedoch nie erhöht. Die Zeit für den Menschen wird somit immer kürzer.“ Dokumentation müsse sein, das sei klar, betont Kamin. „Allerdings fordern wir, die Formalien zu verschlanken und auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren.“ Auch müsse der Aufwand angemessen vergütet werden. Beispielsweise beträgt die Pauschale, die die Kostenträger dem APZ für Dokumentation und Anfahrt zahlen, gerade einmal 2,10 Euro. So sei es für einen ambulanten Pflegedienst heutzutage kaum noch möglich, wirtschaftlich zu arbeiten, erläutert der Pflegedirektor. Denn auch die reale Kostensteigerung wird in den Pflege¬sätzen nicht adäquat berücksichtigt. In der Regel fallen rund 80 Prozent der Kosten in einem ambulanten Pflegedienst im Personalbereich an. Allein in diesem Bereich sind die Kosten der tarifgebundenen Dienste zwischen 2002 und 2012 um mindestens 20 Prozent gestiegen. Hinzu kommen die gestiegenen Sachkosten der ambulanten Pflegedienste, etwa durch erhöhte Benzin- und Energiepreise. Die Krankenkassen haben diese Kostensteigerungen nie ausreichend refinanziert: um gerade einmal 7 Prozent stieg die Vergütungen der häuslichen Krankenpflegeleistungen im gleichen Zeitraum. Arbeitsverdichtung bei den Pflegekräften, engere Tourenplanung und damit immer weniger Zeit für die Patientinnen und Patienten sind die Folge dieser Unterfinanzierung der Pflegedienste.

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gehen die 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des APZ erstaunlich gut mit der schwierigen Situation um. „Sie haben sich den Herausforderungen gestellt und schaffen es, trotz der engen Vorgaben Zeit für ein persönliches Wort mit unseren Kunden zu finden“, betont Pflegedienstleiter Klaus Vogel, der auch selber in der ambulanten Pflege aktiv ist. „Dennoch: Wir wollen, dass die Pflegezeit zu 100 Prozent den Menschen zugutekommt!“

MDK-Prüfung
Auch die jährliche vorgeschriebene Qualitätsprüfung durch den Medizinischen Dienst
der Krankenkassen bedeutet für das Team des APZ einen hohen Bürokratieaufwand.
Nichtsdestotrotz freut man sich sehr über die Traumnote 1,0, die das APZ bei der diesjährigen Überprüfung erhalten hat. Kontrolliert werden bei dem Qualitätscheck neben den pflegerischen sowie den ärztlich verordneten pflegerischen Leistungen auch die Dienstleistung und Organisation des Pflegedienstes. Die Ergebnisse der Kundenbefragung gehen nicht in die Gesamtnote ein. Auch in dieser Kategorie schneidet das APZ mit 1,0 überdurchschnittlich ab. Der Landesdurchschnitt der MDK-Überprüfung der ambulanten Pflegedienste liegt bei 1,5.