08. Oktober 2012
Eröffnung hochmoderner Zytostatika-Labore
Leistungsstarke Labore und Arzneimittel-Kommissionierung am Fließband
Einst beherrschte ein finnischer Handyhersteller das Bochumer Gewerbegebiet in Riemke, vor knapp zwei Jahren hat sich dort auf rund 2000 Quadratmetern die Zentralapotheke des Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum angesiedelt. Jetzt, 22 Monate nach dem Umzug in die Meesmannstraße, stellte der Leitende Verwaltungsdirektor Dieter Rustemeier die Zentralapotheke insbesondere der neuen Labor-Etage vor.
Während der einjährigen Umbauphase entstanden hier auf fast 600 Quadratmetern sieben hochmoderne Labore, in denen fortan Zytostatika zur Krebs-Therapie sowie eigene Rezepturen wie Salben, Spritzen, Augentropfen, Schmerzbeutel, parenterale Ernährung für Kinder, OP-Spüllösungen und Blaseninstillationen unter optimalsten, hygienischen Bedingungen hergestellt werden. Im Einzelnen sind das: drei Zytostatikalabore, ein Sterillabor, ein Labor für Rezepturen (patientenindividuelle Herstellung), ein Labor für Defekturen (Eigenherstellung auf Vorrat) und ein Analytiklabor (Prüfung der Ausgangsstoffe).
Bei dieser Baumaßnahme wurde bereits an die Zukunft gedacht, denn um dem erst seit drei Monaten vorgeschriebenen Industriestandard GMP (Good Manufacturing Practice) gerecht zu werden, wurden die Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe streng umgesetzt. So gelangen Material und Personal künftig getrennt und erst nach dem Passieren mehrerer Hygiene-Schleusen in die Labore, die nach dem Grad der dort herrschenden Sterilität in unterschiedliche „Reinraum-Klassen“ eingeteilt werden. Zudem lassen sich über ein Monitoring Luftfeuchte, Druckverhältnisse und Belüftung kontrollieren. Neben den Fußböden und der gesamten Einrichtung sind auch die Wände komplett abwaschbar, und alle Fugen sind verschlossen, also silikonisiert. Nur so kann das empfindlich hohe Sterilitätsniveau dauerhaft gewährleistet werden. Alle Arzneimittel, die unter diesen Bedingungen hergestellt werden, sind damit qualitativ hochwertiger und länger haltbar als üblich.
Bisher waren die Labore in Langendreer im Knappschaftskrankenhaus untergebracht, wo jährlich rund 20.000 Substanzen, die bei der Hemmung des Zellwachstums bzw. der Zellteilung in der Onkologie zum Einsatz kommen, und 25.000 Rezepturen produziert wurden. „Nach dem Umzug hätten wir sogar die Möglichkeit, die Zytostatika-Herstellung zu verdreifachen“, sagt Maren Niewöhner, die sich seit Beginn Ihrer Tätigkeit als Leiterin der Zentralapotheke im Oktober 2009 bereits intensiv für die Modernisierung der gesamten Zentralapotheke eingesetzt hat.
Ursprünglich versorgte die Zentralapotheke im Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum das eigene Haus und das Knappschaftskrankenhaus Dortmund. Als außerdem das Klinikum Vest mit dem Behandlungszentrum Recklinghausen und Marl sowie das Knappschaftskrankenhaus Bottrop und das Bergmannsheil Gelsenkirchen Buer hinzu kamen, um die Synergieeffekte bei Logistik, Personal und Preisen einer Zentralapotheke zu nutzen, war klar: Die räumlichen Kapazitäten sind ausgeschöpft. Eine Lösung fand sich auf dem ehemaligen Nokia-Gelände. Im Dezember 2010 folgte der Umzug.
Der neue Standort wurde logistisch sehr günstig ausgewählt. Direkt an den wichtigsten Ruhrgebiets-Autobahnen liegend werden von hier mittlerweile täglich gut 150 Stationen in den umliegenden Krankenhäusern und Beteiligungsgesellschaften der Knappschaft in Bottrop, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Marl und Dortmund beliefert. Damit ist der Versorgungsumfang von 1000 Betten auf 3000 Betten angestiegen. Allein das Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum benötigt drei bis vier LKW-Ladungen an Medikamenten pro Woche.
Von A wie Antibiotika bis Z wie Zink hält die Zentralapotheke über 2500 Arzneimittel (davon 140 aus eigener Herstellung) parat, um für die Patienten der Häuser eine schnelle, zielgerichtete Behandlung sicherzustellen. Während sich die Kommissionierung, die Buchung der Arzneien und die Bestellung früher als recht zeit- und vor allem auch personalintensiv gestalteten, hat jetzt auch dort das digitale Zeitalter begonnen.
Die Stationen der einzelnen Kliniken schicken ihren Bedarf online. Dieser wird dann geprüft, in das Bestellsystem eingegeben und von drei Mitarbeitern mithilfe des visuellen Objekterkennungssystems "Axon maschine vison" kommissioniert. Über ein Fließband werden die herausgesuchten Medikamente dabei voll automatisch anhand ihres Barcodes und Erscheinungsbildes mittels einer Farbkamera identifiziert und in die unterschiedlichen Boxen für die einzelnen Stationen transportiert. Danach folgt die Verladung und Auslieferung. Bis zum Einsatz der Kommissionierungsmaschine waren damit bis zu elf Mitarbeiterinnen beschäftigt, die mit einer Art Einkaufswagen von Regal zu Regal gingen und die jeweilige Bestellung stationsbezogen zusammenstellten.
„Durch die so gewonnene Zeit können wir jetzt zusätzlich pharmazeutische Betreuung anbieten“, berichtet Niewöhner und erklärt: „Jetzt sind vier Apotheker in den angeschlossenen Häusern unterwegs und leisten den Ärzten und Pflegenden Hilfestellungen bei Fragen rund um die Medikation. Stimmt die veranschlagte Dosis oder wie sieht‘s mit Wechselwirkungen aus? All das trägt schließlich zur Arzneimittelsicherheit beim Patienten bei.“