12. Juni 2014
Druck – was unsere Nationalmannschaft belastet
WM 2014 - Was bedeutet es "unter Druck stehen"?
Unsere Nationalmannschaft ist nicht auf dem Höhepunkt ihrer Leistung. Schlechte Presse, Spielergebnisse, die zu wünschen übrig lassen, und verunsicherte Fans ziehen nicht spurenlos an den Spielern vorüber. Deutschland stellt seit jeher hohe Erwartungen an seine Fußballnationalmannschaft. Das spüren auch die Spieler. Sie stehen unter Druck. Doch was bedeutet das eigentlich: Unter Druck stehen?
Wir alle wollen Weltmeister werden - und stecken unsere ganze Hoffnung in die Spieler, die das für uns wahr werden lassen können. „Der Druck, außerordentliche Leistungen zu bringen, ist für die einzelnen Spieler und die Mannschaft enorm hoch. Die hohe Erwartungshaltung kann sich schnell negativ auf die Spieler auswirken“, weiß Prof. Cornelius Wurthmann, Leitender Arzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Katholischen Klinikums Essen. Prof. Wurthmann ist Facharzt für Nervenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie und kennt die Folgen von übermäßigem Erwartungsdruck. „Natürlich sind Profi-Fußballer diesen Druck bis zu einem gewissen Grad gewöhnt. Er hilft ihnen, sich ausschließlich auf den Moment zu konzentrieren und in diesem alles zu geben“, so Prof. Wurthmann. Dennoch zeigt sich immer wieder, dass trotz der psychologischen Betreuung, die schon in den siebziger Jahren in den deutschen Sportklubs Einzug hielt, viele Spieler an Depressionen oder Burn-Out leiden.
Hoher Erwartungsdruck kann zu Burn-Out führen
Sebastian Deißler ist wohl eines der populärsten Beispiele. Er beendete seine Karriere 2007, weil er an Depressionen litt. Die öffentliche Beobachtung, unter der er durch sein Berühmtsein stand, löste zu hohen Erfolgsdruck bei ihm aus. „Bei Profi-Fußballern kommt neben dem eigenen und dem fremden Erwartungsdruck auch der mediale Druck hinzu. Das ist bei Menschen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen, anders“, so Prof. Wurthmann. „Bei ihnen sind es übertriebene eigene und fremde Erwartungen, die ihnen zu schaffen machen.“ Die Betonung legt Prof. Wurthmann auf „übertrieben“, denn bis zu einem gewissen Grad ist Erwartungsdruck im Alltag notwendig, um Dinge erledigt zu bekommen „An jede Rolle, die wir einnehmen, sind Erwartungshaltungen gebunden – von uns selbst und von anderen“, sagt Prof. Wurthmann.
Erst, wenn dieser Druck so hoch ist, dass er nicht mehr als „normal“ empfunden wird, kann er krank machen. Nämlich dann, wenn Betroffene nicht wissen, wie sie mit diesem Druck umgehen sollen oder ihn abbauen können. „Wann das ist und wie sich das äußert, ist ganz unterschiedlich. Viele fühlen sich beispielsweise ausgebrannt, sind für nichts mehr zu begeistern und ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück“, so Prof. Wurthmann. Dadurch wird der Druck immer größer und irgendwann unerträglich. „Es entwickelt sich eine Art Teufelskreis aus Unzufriedenheit und Machtlosigkeit, die letztlich in einem Burn-Out münden können. Schlimmstenfalls kann bei entsprechender Veranlagung durch den erhöhten Stress eine Depression ausgelöst werden“, sagt Prof. Wurthmann.
Sinnvolle Therapieansätze zum richtigen Umgang mit Stress
Die Spieler unserer Nationalmannschaft erhalten die bestmögliche Hilfestellung, um Stresssituationen zu erkennen und aufzulösen, und erlernen entsprechende Techniken. Schon wenn sie ins Stadion einlaufen, benötigen die Spieler Techniken, um ihren Adrenalinspiegel einigermaßen stabil zu halten. „Bewusstes Atmen hilft hier ungemein. Wird die Atmung flach und schnell, spornt das die Adrenalinproduktion weiter an, da das Gehirn denkt, man befinde sich in einer Gefahrensituation“, so Prof. Wurthmann. Eine beliebte Technik ist die Visualisierung: Ein Spieler, der sich immer wieder vorstellt, wie der Ball beim 11 Meter Schuss im Tor landet, die Fans dabei jubeln, er vor Glück überschäumt, kann diese Situation abrufen, wenn er vor dem Schuss steht und so Versagensängste mindern. „Solche positiven Visualisierungstechniken kann jeder erlernen“, weiß Prof. Wurthmann.
Das Katholische Klinikum Essen hält bei der Behandlung von Burn-Out Patienten und Menschen, die an Depression leiden ganz unterschiedliche Therapieansätze bereit, so dass die Behandlung sehr individuell gestaltet werden kann. Darunter fallen beispielsweise Achtsamkeitstherapie, Bewegungstherapie oder Gesprächspsychotherapie. „Wichtig ist, dass die Betroffenen zum einen verstehen, dass sie nicht alleine mit ihren Erfahrungen sind. Zum anderen müssen sie bereit sein, aktiv etwas an ihrer Situation zu verändern. Nur dann hat eine Therapie Erfolg“, so Prof. Wurthmann. Aber auch vorbeugend können Maßnahmen gegen zu hohen Erwartungsdruck ergriffen werden: Viele Krankenkassen bezuschussen entsprechende Kurse, um es erst gar nicht zum Burn-Out kommen zu lassen.
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