31. Mai 2022

Tag der Apotheke am 7. Juni

50 Jahre Krankenhausapotheke im Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord

© EVKLN Duisburg. Im Untergeschoss des Evangelischen Krankenhauses Duisburg-Nord in Fahrn befindet sich ein Herzstück des Klinikbetriebs: die eigene Krankenhausapotheke. „Wir sind das Rädchen im Klinikalltag, das kaum einer der Patientinnen und Patienten kennt“, sagt Leiter Dr. Andreas Grzesiok, Fachapotheker für Klinische Pharmazie. Vor dem Tag der Apotheke, am 7. Juni, gewährt er Einblicke in den Bereich, der für den Verbund Evangelisches Klinikum Niederrhein und BETHESDA Krankenhaus zuständig ist. Die Krankenhausapotheke versorgt mit 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alle fünf Verbundstandorte in Duisburg, Dinslaken und Oberhausen mit zum Teil selbst hergestellten Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln.

Herstellung von Krebsmedikamenten unter hohen Sicherheitsanforderungen
Im Unterschied zu vielen öffentlichen Apotheken verfügt die Krankenhausapotheke über einen Reinraumbereich für sterile Arzneimittel, in dem unter anderem Zytostatika-Infusionen hergestellt werden. Zytostatika sind in der Lage das Zellwachstum von Tumorzellen zu stoppen und werden deshalb in der Krebstherapie eingesetzt. „Für jede Krebspatientin und jeden Krebspatienten stellen wir individuell dosierte Infusionslösungen der benötigten Zytostatika her. Dazu erhalten wir vom behandelnden Arzt Anforderungen, die auch Daten über Diagnose, Körpergröße, Gewicht und Laborwerte des Patienten enthalten. Diese Daten bilden die Grundlage für die individuelle Dosis des verordneten Zytostatikums“, erklärt Dr. Andreas Grzesiok. Da es sich bei Zytostatika um hochwirksame Arzneimittel handelt, erfolgt die Herstellung in einem speziell abgetrennten Teil des Reinraumbereiches. Die eigentliche Zubereitung erfolgt unter speziellen Sicherheitswerkbänken, die zum einen die Herstellung einer sterilen Zytostatika-Infusionslösung ermöglichen, und zum anderen die herstellenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor dem Kontakt mit diesen hochwirksamen Arzneimitteln schützen. Die einzelnen Bereiche sind durch Schleusen für Personal und Material voneinander getrennt. Mehrfach ziehen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sogenannte Reinraumkleidung aus fusselfreiem Material über. „Bis alles für die Herstellung vorbereitet ist, kann das durchaus bis zu 45 Minuten dauern. Man überlegt sich deshalb ganz genau, ob alles Notwendige beisammen ist. Wenn man zurückgehen muss, wiederholt sich das komplette Umkleiden“, so Dr. Andreas Grzesiok. Damit keine Partikel oder Keime die hergestellten Medikamente verunreinigen, wird die Raumluft durch Filter gereinigt und von Partikelsensoren überwacht. Zusätzlich sind die Räume unterschiedlich überdruckbelüftet. Durchschnittlich werden pro Tag ca. 50 Zytostatika-Infusionen hergestellt.

Ebenfalls unter sterilen Bedingungen werden in einem separaten Bereich Augenarzneimittel und Mischbeutel mit parenteraler Ernährung für die Kinderkardiologie im Herzzentrum in Meiderich angefertigt. „Außerdem stellen wir für die Kinderkardiologie auch Medikamente in kindgerechter Dosierung her. Arzneimittel speziell für herzkranke Kinder gibt es wenige am Markt, weil sich das für die Hersteller mengenmäßig nicht lohnt“, erläutert Dr. Andreas Grzesiok.

In allen Herstellungsbereichen gilt die Kontrolle nach dem 4-Augen-Prinzip, um höchste Qualität und Sicherheit zu gewährleisten. Darüber hinaus erfolgen unangekündigte Überprüfungen durch die Amtsapothekerin, die per Zufall ausgewählte Proben zur Analyse an das Landeszentrum Gesundheit NRW in Münster schickt. Seit 2016 verfügt die Apotheke über ein Qualitätsmanagement-System nach DIN EN ISO 9001, das durch die Apothekerkammer Nordrhein zertifiziert wurde. 2019 konnte die Rezertifizierung erfolgreich durchgeführt werden.

Lieferung von bis zu 1.500 Medikamentenpackungen pro Tag
Im Zuge der Erweiterung des Klinikverbunds sind auch die Liefermengen benötigter Fertigarzneimittel gestiegen. Allein die Lieferung verschreibungspflichtiger Medikamente umfasst ca. 1.500 Packungen pro Tag. Seit Anfang 2019 müssen alle verschreibungspflichtigen Medikamente einer Echtheitsprüfung unterzogen werden. Das geschieht durch Scannen eines QR-Codes. „Damit sichern wir uns gegen Fälschungen. Wir beziehen zwar, bis auf wenige Ausnahmen, direkt vom Hersteller, sind aber trotzdem verpflichtet, jede Packung zu überprüfen“, betont Dr. Andreas Grzesiok.

Das Warenlager der Krankenhausapotheke unterscheidet sich dabei grundlegend von dem einer öffentlichen Apotheke: Während eine öffentliche Apotheke einen Wirkstoff von vielen Herstellern in geringen Mengen bezieht, beschränkt sich die Krankenhausapotheke bei jedem Wirkstoff auf große Mengen von einem einzigen Hersteller. „Wir achten besonders darauf, dass unsere Vorräte in wichtigen Bereichen, wie der Intensivmedizin, sehr groß sind. Lieferausfälle kommen auch bei uns inzwischen häufig vor. Wir konnten diese aber bisher immer mit unseren Vorräten oder Alternativen ausgleichen“, erklärt Dr. Andreas Grzesiok. Seit 1997 ist er in der Krankenhausapotheke tätig, seit 2013 leitet er sie: „Krankenhauspharmazie ist ein sehr vielfältiges Betätigungsfeld für Apotheker. Egal ob Organisation, Herstellung oder Beratung. Es ist schön, wenn Ärzte oder Pflegekräfte mit speziellen Fragen zur Arzneimitteltherapie zu uns kommen und wir dann mit der Beantwortung der Frage oder der Bereitstellung eines Medikamentes dem Patienten helfen konnten“, sagt Dr. Andreas Grzesiok.

Rufbereitschaft rund um die Uhr
In einigen Fällen konnte die Apotheke, auch durch die Rufbereitschaft, die rund um die Uhr an 365 Tagen geleistet wird, die Ärzte und Pflegekräfte in akuten Notsituationen unterstützen: Während einer Rufbereitschaft am Wochenende meldete sich die Kinderintensivstation des Herzzentrums. Dort wurde ein Kind mit einer Methämoglobinämie aufgenommen. Dabei ist das Blut, ausgelöst zum Beispiel durch eine Vergiftung, nicht mehr in der Lage ausreichend Sauerstoff zu transportieren. Ein äußeres Zeichen ist eine Blaufärbung der Haut. In der Krankenhausapotheke ist für die Behandlung ein entsprechendes Gegenmittel vorhanden. Bereits auf dem Weg zur Apotheke orderte der diensthabende Apotheker einen Kurierfahrer, dem sofort das Gegenmittel aus der Apotheke übergeben werden konnte, um das Medikament ohne Zeitverlust ins Herzzentrum zu bringen. „Die Intensivschwester meinte hinterher, dass sich schon beim Verabreichen des Medikamentes die Hautfarbe des Kindes verändert und der Zustand wieder stabilisiert hat“, erinnert sich Dr. Andreas Grzesiok.

Mit der hauseigenen Krankenhausapotheke gewährleistet der Verbund Evangelisches Klinikum Niederrhein und BETHESDA Krankenhaus eine Patientenversorgung auf höchstem Niveau. Sie feiert ebenso wieder der Verbundstandort Evangelisches Krankenhaus Duisburg-Nord dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Zum Verbund gehören: das Evangelische Krankenhaus Duisburg-Nord, das Herzzentrum Duisburg, das Johanniter Krankenhaus Oberhausen, das Evangelische Krankenhaus Dinslaken und das BETHESDA Krankenhaus. www.evkln.de

Der Tag der Apotheke, am 7. Juni 2022, ist ein bundesweiter Aktionstag. Initiiert durch die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zielt er darauf ab, über Funktion und Aufgaben der Apotheken vor Ort im deutschen Gesundheitssystem zu informieren.

BU: Der Leiter der Krankenhausapotheke, Dr. Andreas Grzesiok, im Warenlager der Krankenhausapotheke am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord. (Foto: EVKLN)