04. August 2021

Per Navi durch das Gehirn

„Fiber Tracking“ ermöglicht präzisere und sicherere Operation von Tumoren

© Alexianer Münster Münster. Ein Tumor im Gehirn. So niederschmetternd die Diagnose fürs Erste klingt, so fortgeschritten sind mittlerweile schon Therapie- und Operationsmethoden. Schonender, sicherer, genauer sind hier die Schlagworte. Mit dem „Fiber Tracking“ bietet das Clemenshospital in Münster seit einigen Wochen ein modernes Operationsverfahren an, das verdeckte Hirnregionen digital sichtbar macht.

Der Neurochirurg bekommt dabei wie bei einem Navigationssystem wichtige Hirnregionen bis ins kleinste Detail farbig markiert und direkt ins Mikroskop projiziert. So werden die Faserbahnen, englisch: Fibers, angezeigt, die etwa für die Motorik oder die Sprachsteuerung zuständig sind. Werden diese bei einer Tumorentfernung in Mitleidenschaft gezogen, ist der Patient im Anschluss zwar den Tumor los, aber auch unter Umständen motorisch oder sprachlich beeinträchtigt.

„Die neue Methode gibt uns Operierenden und den Patienten viel Sicherheit“, erklärt Professor Dr. Uta Schick, Chefärztin der Klinik für Neurochirurgie am Clemenshospital. „Wir können mithilfe des Fiber Trackings noch besser entscheiden, welcher Tumor vielleicht doch operabel ist, über welchen Zugang wir das Gehirn öffnen, und: wir können viel radikaler operieren!“, so Schick. Radikaler bedeutet in diesem Fall ein großzügigeres Ausschneiden des Tumors, ohne dabei wichtige und nicht einsehbare Hirnareale zu verletzen. Der Chirurg kann digital in alle Richtungen durch das Gehirn navigieren, ohne dabei wirklich eine Bewegung durchführen zu müssen.

Auf den mehrdimensionalen MRT-Bildern, mit deren Hilfe die Faserbahnen errechnet und angezeigt werden, ziehen sich ganze Stränge in blau, grün oder lila durch das Gehirn. Leitbahnen, die mit bloßem Auge in der grau-weißen Masse des Gehirns kaum auszumachen wären. Rostbraun und fast fotorealistisch erscheint der Tumor daneben – sofort ist erkennbar, ob es Berührungspunkte gibt oder nicht.

Bei der Operationsplanung richtet sich die Kamera automatisch ein und interagiert mit dem Operationsmikroskop. „Bei schweren Eingriffen ist durch das Fiber Tracking die Chance auf einen Funktionserhalt der Hirnfasern deutlich höher und das Risiko für die Patienten somit kleiner, mit Langzeitbeeinträchtigungen rechnen zu müssen“.

Foto: Alexianer / Echelmeyer