12. Oktober 2020
Statement der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW
Der mit dem von den Fraktionen der CDU und FDP begonnene Prozess für ein „Drittes Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen“ wird im Hinblick auf die Krankenhausplanung von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) nach wie vor konstruktiv, aber weiterhin ergebnisoffen begleitet. In diesem Prozess gilt es für die KGNW, die Ergebnisse der parallel zum Gesetzgebungsverfahren mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) laufenden Beratungen über die konkrete Ausgestaltung der Leistungsbereiche und Leistungsgruppen, die im Gesetzentwurf genannt werden, zu berücksichtigen.
Auch mit Blick auf diese zurzeit laufenden Beratungen im Landesausschuss für Krankenhausplanung und den entsprechenden Arbeitsgruppen mit dem MAGS, mit weiteren Institutionen wie dem Pflegerat, den Spitzenverbänden, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, den Krankenkassen und den Ärztekammern halten wir den aktuellen Zeitpunkt für zu früh, um zu einer abschließenden Bewertung der künftigen Krankenhausplanung allein aufgrund des Gesetzentwurfes zu gelangen – gerade im Hinblick auf einen künftigen Krankenhausplan, der Auswirkungen auf die Krankenhausstruktur und die Gesundheitsversorgung im Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat. Hier stehen wir seit vielen Monaten im Austausch und in der Diskussion im Landesausschuss. Dabei war und ist immer die weitere Verbesserung der Patientenversorgung in NRW unser Maßstab. Unser Ziel ist, durch eine gestaltende Gesundheitspolitik, die gemeinsam ein nachhaltiges Versorgungskonzept im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in NRW verfolgt, die Versorgungsqualität der Bevölkerung weiter zu verbessern. Im Rahmen des laufenden Gestaltungsprozesses führen wir als KGNW derzeit – mit Kenntnis des Gesundheitsministeriums – eine Auswirkungsanalyse gemeinsam mit unseren Krankenhäusern in NRW durch, um die von Seiten des MAGS beabsichtigten krankenhausplanerischen Vorgaben auf ihre Umsetzbarkeit und Auswirkungen hin überprüfen zu können. Die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse werden unter Wahrung der Datenschutzbestimmungen in die Beratungs- und Entscheidungsprozesse bei der Krankenhausplanung eingebracht.
Hierbei ist besonders hervorzuheben: G-DRGs als Basis einer Krankenhausplanung – wie im zu Beginn des Planungsprozesses vorgelegten und jetzt im Gesetzentwurf zentral genannten Basisgutachten vorgesehen – bilden nicht die tatsächlichen, oft sehr komplexen Behandlungsprozesse ab und sind lediglich kostenhomogene Fallgruppen. Daher können G-DRGs auch keine Grundlage eines neuen Krankenhausplans werden. Im Laufe der Beratungen haben sich OPS/ICD und die Weiterbildungsordnung (WBO) als sehr viel genauere Kategorisierungen erwiesen.
Die KGNW unterstützt Strukturveränderungen und hat sich dem Strukturwandel zur Weiterentwicklung der stationären Versorgung geöffnet, der in den Regionen und vor Ort entwickelt und gelebt werden muss. Wir als KGNW setzen uns für die Überwindung unterschiedlicher Interessen im Entwicklungsprozess der Krankenhausplanung in den Regionen ein. Dabei muss sich dieser Prozess konsequent an den Versorgungsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in den Regionen und vor Ort orientieren und transparent ausgestaltet sein.
Erst im Anschluss an die aktuellen Beratungen zur inhaltlichen Ausgestaltung der Krankenhausplanung wird das Thema „Krankenhauskapazitäten in NRW“, also die Klärung von Bedarfsfragen, beraten werden. Hierbei zeigen aus Sicht der KGNW die bisherigen Erfahrungen aus der Corona-Virus Pandemie, dass Deutschland und insbesondere NRW eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat. Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich das System in anderen Ländern, die in der Vergangenheit auch immer wieder zu Vergleichszwecken herangezo¬gen wurden, als deutlich krisenanfälliger herausgestellt.
Diese Erkenntnisse müssen bei der Neuaufstellung des Krankenhausplans für NRW, insbesondere im Rahmen der Klärung von Bedarfsfragen, berücksichtigt werden. Wir haben diesbezüglich im politischen Raum bereits herausgestellt, dass aus Sicht der KGNW die Klärung von Bedarfsfragen deutlicher als bislang insbesondere mit den Begriffen Systemrelevanz, Daseinsvorsorge und Vorhaltung verbunden werden muss. Hierzu bedarf es nach der Krise eines breit angelegten gesellschaftspolitischen Diskurses. Diesen Diskurs müssen wir gemeinsam als NRW-Krankenhäuser einfordern und aktiv führen.
Es ist hervorzuheben, dass das zentrale Qualitätsmerkmal eines Gesundheitswesens der flächendeckende Zugang zur Versorgung ist. Hier tragen ländliche und kleinere Kliniken einen erheblichen Anteil mit ihrem Leistungsspektrum der medizinischen Grundversorgung, zu der unter anderem die Versorgung von Verletzten, die allgemeine Chirurgie, die Behandlung von Herz-Kreislauf-Krankheiten und Stoffwechselstörungen, Lungenentzündungen sowie Geburten gehören.
Auch wird durch Zentralisierung das Personalproblem nicht gelöst. Es ist realitätsfern anzunehmen, dass Pflegepersonal beliebig aus seinen oft wohnortnahen Arbeitsstätten in weit entfernte Zentralkliniken versetzt werden kann, geschweige denn, dass die Pflegekräfte dies geduldig mitmachen. Zentralisierung löst den Pflegenotstand nicht.
Von der KGNW werden der Abbau nachweisbar nicht bedarfsnotwendiger Kapazitäten, die Zusammenführung von Standorten und im konkreten Einzelfall auch notwendige Standortschließungen unterstützt. Notwendige Finanzmittel hierfür müssen vom Land aber zur Verfügung gestellt werden, ebenso wie die lokalen und regionalen Abstimmungsprozesse zur Krankenhausplanung deutlich gestärkt werden müssen.
Darüber hinaus muss dieser Prozess unter der politischen Federführung des Landes koordiniert, moderiert und verantwortet und von der Politik transparent kommuniziert werden, gerade gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in der jeweiligen Region und den Beschäftigten in den Krankenhäusern.
Zudem können im Zuge der Krankenhausplanung mit der Novellierung des Krankenhausgestaltungsgesetzes Impulse für eine nachhaltige sach- und fachgerechte Weiterentwicklung der gesundheitlichen Versorgungsstrukturen gesetzt und Lösungen erarbeitet werden, die die Sektorengrenze zwischen ambulanter und stationärer Versorgung überwinden und Krankenhäuser zu Gesundheitszentren für die Menschen vor Ort machen. Diese Gesundheitszentren können zur idealen Anlaufstelle für die Menschen vor Ort – gerade auch in ländlichen Regionen – in der stationären und ambulanten fachärztlichen Versorgung werden. Die Gesundheitszentren können darüber hinaus zum krankenhausgestützten Medizinisch-Pflegerischen Versorgungszentrum (MPVZ) ausgebaut werden.
Das Statement finden Sie hier als PDF.