07. Dezember 2023
Lauterbach und Laumann eint die Sorge um die Krankenhäuser
Hinter verschlossenen Türen sprechen sie oft miteinander. Doch seit Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach vor einem Jahr seine Pläne für eine Krankenhausreform verkündete, haben er und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann noch nie miteinander öffentlich darüber diskutiert. Bis zum KGNW-Forum 2023.
Düsseldorf, 05.12.2023 – Das besondere Liveerlebnis – beide Gesundheitsminister auf einer Bühne – war den Gästen des KGNW-Forums 2023 zwar nicht vergönnt. Aber immerhin: Beide Minister hatten sich eine Stunde Zeit genommen für eine Videoschalte aus Berlin nach Düsseldorf, wo die rund 320 Gäste gespannt das „Ministergespräch“ verfolgten. „Reformdebatte – Frisst die ,Revolution‘ Ihre Krankenhäuser“, lautete der Titel des Forums. Drängendstes Thema: die aktuelle wirtschaftliche Not der Krankenhäuser. „Wir können keine Krankenhausplanung machen, wenn uns dauernd Insolvenzen dazwischen kommen“, mahnte NRW-Gesundheitsminister Laumann. Die Krankenhäuser stünden unter einem großen Druck, deshalb bräuchten sie zusätzliche finanzielle Ressourcen, damit sie die durch Inflation und Tarifabschlüsse bedingten Mehrkosten tragen könnten. Dafür müsse man auch um 0,2 Prozent höhere Krankenkassenbeiträge „in Kauf nehmen“.
Lauterbach betonte: „Für mich ist es kein Ziel, sondern heute betrüblich, wenn Krankenhäuser, die wir dringend benötigen, in ihrer Existenz gefährdet sind.“ Gerade in ländlichen Regionen müsse dies verhindert werden, denn die Kliniken könnten nicht wieder aufgebaut werden. Mit ihnen gehe auch die fachärztliche Versorgung verloren. „Diese Krankenhäuser werden wir versuchen zu halten.“ Noch vor drei Wochen hatte er eine Insolvenzwelle ausgeschlossen. Dafür sei es wichtig, dass das Krankenhaustransparenzgesetz in Kraft treten könne, um die damit verknüpfte vorzeitige Auszahlung von bis zu sechs Milliarden Euro aus den Pflegebudgets zu ermöglichen. Lauterbach räumte ein, das sei kein „frisches Geld“, aber schaffe Liquidität.
Bei den Ausgabenkürzungen habe die Bundesregierung die Krankenhäuser ausgespart. Minister Lauterbach verwies auf die sechs Milliarden Energiehilfen, mit denen die Krankenhäuser mehr erhielten als irgendein anderer Bereich. Die letzten Tranchen könnten 2024 ausgezahlt werden, das sei im Haushaltsgesetz bereits geregelt, kündigte er an. Im ersten Halbjahr seien die Ausgaben für die Krankenhäuser bereits um sieben Prozent gestiegen. Für das zweite Halbjahr zeichne sich nun noch eine weitere „sehr deutliche“ Steigerung ab. Die Zahlen seien noch nicht öffentlich, aber „sehr beeindruckend“.
Den Forderungen nach einem Vorschaltgesetz erteilte der Bundesminister eine Absage, sondern verwies auf das Vermittlungsverfahren zum Krankenhaustransparenzgesetz. „Wir sind alle an einer auskömmlichen Finanzierung des Systems interessiert.“ Damit würden sich Bund und Länder „in den kommenden Tagen und Wochen“ auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang werde es auch um eine mögliche Anpassung der Systematik beim Landesbasisfallwert und um einen Transformationsfonds zur Krankenhausreform gehen. „Die Hand ist weiter ausgestreckt.“
Laumann begrüßte Lauterbachs Entgegenkommen beim Landesbasisfallwert. Zugleich bekräftigte er die Kritik, die Mittel aus den Pflegebudgets stünden den Krankenhäusern ohnehin zu und brächten nicht das benötigte zusätzliche Geld. Deshalb beharre er auf einem Vorschaltgesetz. Vor allem aber erneuerte er seine Kritik an den Regelungen im Krankenhaustransparenzgesetz, das aus Sicht der Länder ein „Krankenhauserschwernisgesetz“ sei. Es schaffe über die vorgesehene Einteilung der Kliniken in Level und die Erstellung eines neuen Groupers Fakten, die den Bundesländern die eigene Krankenhausplanung schwer mache. Das sei ein wunder Punkt. Darüber müsse nochmal gesprochen werden. Er sehe aber das Bemühen des Bundes um eine Einigung, die man finden könne, „wenn man sich wirklich bemüht“. Ob Minister Lauterbach zum wunden Punkt noch etwas sagen wolle, fragte Moderator Ralph Erdenberger. Antwort: „Auf jeden Fall, aber nicht heute, sondern morgen.“ Gelächter im Saal. Gemeint war das vertrauliche Gespräch der Gesundheitsminister am nächsten Tag.
Doch es gab auch viel Einigkeit zwischen beiden Ministern, als es um die Notwendigkeit einer Krankenhausreform ging. NRW sei hier schon weit fortgeschritten, betonte Gesundheitsminister Laumann. „Das feste Ziel ist, dass wir die Krankenhausplanung im kommenden Jahr umgesetzt haben, so dass jedes Krankenhaus weiß, welche Bereiche es zukünftig machen soll und machen kann. Ich will diesen Zeitplan unbedingt einhalten, weil es wichtig ist, dass wir das in den nächsten zwölf Monaten hinkriegen.“ Dass die damit verbundene Änderung der Krankenhausversorgung erforderlich ist, sei Konsens zwischen Bund und Ländern. „Wir haben weder das Personal noch die finanziellen Ressourcen“, um die Krankenhausstrukturen einfach weiterlaufen zu lassen, sagte Laumann.
Von seinem Amtskollegen Lauterbach forderte er, dass der verabredete dritte Arbeitsentwurf für die gemeinsame Krankenhausreform bald kommen müsse, damit ihn die Länder noch vor Weihnachten bewerten können. Mit den bisherigen Entwürfen aus dem Bundesgesundheitsministerium waren die Länder ausdrücklich unzufrieden gewesen. Laumann betonte aber: „Die Länder müssen in der Krankenhausplanung den Hut aufbehalten.“
Lauterbach entgegnete, die Leistungsgruppen würden nach dem NRW-Modell festgelegt: „Die Länder sind es zum Schluss, die bestimmen werden, welches Krankenhaus welche Leistungsgruppe abrechnen darf.“ Sie hätten es damit in der Hand, wohin die Vorhaltepauschalen fließen sollen. Diese Entscheidung werde der Bund nicht übernehmen.