21. Januar 2022

Die Mitarbeitenden bei Digitalisierung mitnehmen

Praxisdialog Krankenhaus-IT und -Medizintechnik“ zeigte Lösungen auf

© Robert Kneschke - stock.adobe.com Die Herausforderungen sind groß und komplex. Sie zeigen: In der Krankenhaus-IT und -Medizintechnik (MT) bewegt sich derzeit einiges. Krankenhauszukunftsfonds (KHZG), die Umsetzung des Paragrafen 75c SGB V zur IT-Sicherheit in Krankenhäusern, die Telematik-Anwendungen, die Abwehr möglicher Hacker-Angriffe, die Folgen der Einstufung als Kritische Infrastruktur (KRITIS) und die fortschreitende Digitalisierung – die Liste der Themen ist lang. Die 8. Fachtagung „Praxisdialog Krankenhaus-IT und -Medizintechnik“ der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) Mitte Januar 2022 zeigte auf, wie diese anzugehen und zu meistern sind. Der Schwerpunkt der eintägigen Online-Veranstaltung lag auf den Aspekten des KHZG: dem Projektmanagement, dem digitalen Reifegrad der Krankenhäuser, der IT-Sicherheit sowie der Telematikinfrastruktur 2.0. Bis zu 240 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten interessiert vor dem eigenen Bildschirm.

Zurück zur Rolle als Innovator

So referierte Bastian Stockhausen, Bereichsleiter Medizintechnik & IT des Evangelischen Krankenhauses Gelsenkirchen, über den „Einfluss der Digitalisierung: IT Abteilung im Wandel“. Dabei zeigte er anschaulich auf, wie die IT innerhalb eines Krankenhauses zur Beratung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird. Der IT muss der Spagat gelingen, die neuen Technologien in das bestehende System einzugliedern – und das bei laufendem Geschäftsbetrieb. Glaubwürdigkeit bildet die Basis, um die Kolleginnen und Kollegen „mitzunehmen“: Möglichkeiten aufzeigen, anstatt Vorgaben zu machen, zusammenarbeiten, Mehrwerte generieren. Die IT-Abteilung darf nicht davor zurückschrecken, „Altlasten“ über Bord zu werfen und die Krankenhaus-IT den Anforderungen der modernen Arbeitswelt anzupassen – beispielsweise dem Grundsatz „Mobile first“. Die reine Technik steht bei solchen Veränderungsprozessen nur für ein Element, um einen Mehrwert zu erzielen. Daneben stehen Transparenz, Kundenzentrierung und die Rolle als Innovationstreiber.

Wichtig bei einer erfolgreichen Digitalisierung ist es auch, das klassische Hierarchiedenken zu verlassen. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter werden in die Lage versetzt, die eigene Rolle innerhalb des Change-Prozesses zu erkennen und Visionen zu verfolgen. Die Arbeitswelt ändert sich dank Mobile Working sowie einem Wandel bei Arbeitszeiten, Fähigkeiten und Bedürfnissen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich jedoch nur mit zielgruppengerechter Kommunikation mitnehmen.

Fazit: Der digitale Wandel ist in Teilen ohne Unterstützung der Krankenhausinformationstechnik möglich. Die IT-Abteilung kehrt von reiner Verwaltung der Systeme zurück in ihre angestammte Rolle als Innovator und Berater im Veränderungsprozess.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „mitnehmen“

Auch Dr. med. Silke Haferkamp, Leiterin des Geschäftsbereichs IT des Universitätsklinikums Aachen, betonte, wie wichtig es sei, bei der Digitalisierung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig einzubinden. In ihrem Vortrag „Digitalisierung: Wie nehme ich die Mitarbeiter mit?“ zeigte sie das systematisch auf. Der erste Schritt des Veränderungsprozesses liegt in der Zieldefinition:

  • Die Prozesse in einem digitalisierten Arbeitsablauf sind bestmöglich gestaltet.
  • Die Mitarbeitenden sind mit dem Ergebnis zufrieden.
  • Sie arbeiten mit dem digitalisierten Prozess. Sie wollen und können mit dem Prozess arbeiten.

Die Bereitschaft, digitale Prozesse zu nutzen, ist insgesamt gestiegen. Hauptgrund: Digitalisierung ist dank Handy und Smart Home im Alltag angekommen. Jedoch ist auch die Erwartungshaltung an die Unternehmens-IT gestiegen. Eine weitere Herausforderung bildet die Kluft zwischen den Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen einerseits sowie dem (Selbst-)Verständnis der User andererseits. Daneben wächst auch die Komplexität der Prozesse. Das umfasst beispielsweise Systeme, Schnittstellen und Abhängigkeiten. Diese Komplexität zeigt sich vor allem in einem Krankenhaus, in dem viele interne Stellen Dokumente und Informationen austauschen – von der Anamnese bis hin zum Verfassen der Arztbriefe. Gerade hier erhöht sich die Komplexität noch einmal, da interne Prozesse des Krankenhausinformationssystems (KIS) mit externen Vorgängen zu verbinden sind. Das betrifft Patientinnen und Patienten, die Nachsorge und das Bezugspersonennetzwerk gleichermaßen.

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Was bedeutet das konkret für die IT-Verantwortlichen, die die Digitalisierungsprozesse einleiten?

  • Sie vertreten die Projekte nicht selbst nach außen. Das erledigen die Stakeholder des Prozesses.
  • Sie sorgen dafür, dass die vernetzten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, intern oder extern, die Daten austauschen, sich kennenlernen und miteinander kommunizieren sowie arbeiten wollen. Das gelingt durch klassisches Changemanagement mit viel Kommunikation, Teambuilding, Einbeziehung und Mitgestaltung übergreifender Lösungen sowie übergreifenden, projektunabhängigen Anwenderboards.
  • Sie leiten zusammen mit den Fachbereichen Maßnahmen zur Notfallvorsorge ein, falls ein System doch ausfallen sollte, zum Beispiel in Form eines Leitfadens für die User.

Nach insgesamt knapp sechs Stunden voller Informationen und lebhafter Diskussionen dankten die Moderatoren Burkhard Fischer, Referatsleiter für „Qualitätsmanagement, IT und Datenanalyse“ der KGNW, und Nico Brinkkötter, KGNW-Referent für diesen Bereich, allen Vortragenden und Teilnehmenden. Diese machten den Praxisdialog erneut zu einem großen Erfolg, namentlich:

Die 9. Fachtagung „Praxisdialog Krankenhaus-IT und Medizintechnik“ ist für Januar 2023 geplant.