17. November 2021

15. Krankenhaus-Umwelttag: Mit viel Engagement auch beim Klimaschutz in den Krankenhäusern eine Menge erreichen

© Veit Mette Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) brachte es Mitte Oktober auf den Punkt: Extreme Hitze, Fluten, Wald- und Landbrände, Dürren – 2021 hat viele Rekorde gebrochen. Die Klimakrise ist real, die Konsequenzen daraus für unsere Gesundheit nach WHO-Analyse „verheerend“. Viele Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen steuern bereits dagegen. Das zeigte der 15. Krankenhaus-Umwelttag NRW am 9. November 2021, ausgerichtet als Online-Veranstaltung von der KGNW, der Fachvereinigung Krankenhaustechnik sowie dem Arbeitskreis „Umweltschutz im Krankenhaus NRW“. Das Interesse war hoch, in der Spitze nahmen mehr als 80 Zuhörerinnen und Zuhörer teil.

Das große Thema dieses Umwelttages waren Klimawandel und Klimaschutz. Massive Reduzierung des CO2-Ausstoßes in allen Branchen ist dringend notwendig, um die Erderwärmung zu stoppen, so der gemeinsame Tenor. Die gesamte Gesellschaft muss sich an Maßnahmen beteiligen, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen: „Welchen Beitrag müssen die Krankenhäuser leisten? Was haben sie bis jetzt erreicht? Was können sie in der Zukunft erreichen?“

Klimaneutralität bis 2045?

Sechs Vorträge und weitere Erfahrungsberichte beschäftigten sich mit vielfältigen Möglichkeiten von Krankenhäusern, zum Klimaschutz beizutragen. Immerhin trägt der Gesundheitssektor fünf Prozent zu den Treibhausgas-Emissionen bei. Ein Krankenhaus emittiert pro Bett jährlich so viel CO2 wie vier Einfamilienhäuser. Wenn bis 2045 in Deutschland Klimaneutralität erreicht werden soll, müssen bis dahin alle Sektoren Klimaneutralität herstellen. Auch Krankenhäuser und Reha-Kliniken sind damit gefordert, schnellstens den Weg zum klimaneutralen Betrieb zu beschreiten.

In seinem Eingangsvortrag lieferte Friedhelm Beiteke, der KGNW-Koordinator des Klimaschutzprojekts „KLIK green“ (in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Jena und unter Leitung des BUND Berlin), einen Sachstandsbericht. Er konnte Erfreuliches vermelden: Das Ziel, 250 Krankenhäuser und Rehakliniken bundesweit für das Projekt zu begeistern und durch geeignete Maßnahmen den Ressourcenverbrauch zu verringern, Betriebskosten zu reduzieren und den CO2-Ausstoß insgesamt um 100.000 Tonnen zu verringern, ist nicht nur geschafft – es wurde sogar übertroffen. 252 Kliniken nehmen am Projekt teil, davon 64 in NRW, die Vermeidung von 100.000 Tonnen CO2-Emissionen wird erreicht. Das eigentliche Förderprojekt befindet sich derzeit in der Abschlussphase. Doch aktuell läuft die inhaltliche Vorbereitung für die Verstetigung des Klimaschutzengagements in den teilnehmenden Krankenhäusern. Die beiden Klimaschutzmanager Benjamin Lütkehaus, Evangelisches Krankenhaus Lippstadt, und Markus Kimmeskamp, Märkische Kliniken Lüdenscheid, teilten ihre Erfahrungen aus ihren Häusern mit – von der stark CO2-reduzierenden Außerbetriebnahme der Dampfbefeuchtung bis hin zu einer neuen Druckerhöhungsanlage.

Gesundheitswesen als gesamtgesellschaftlicher Transformator

„Keynote-Speaker“ des 15. Umwelttages war Dr. Christian Schulz, Geschäftsführer von KLUG, der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit. KLUG wurde 2017 gegründet und ist ein Netzwerk von Einzelpersonen, Organisationen und Verbänden aus dem gesamten Gesundheitsbereich. Die Allianz will zeigen, welche weitreichenden Folgen der Klimawandel auf die Gesundheit hat. Und: KLUG will die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen zu Akteuren der gesamtgesellschaftlichen Transformation machen, die notwendig ist, um die Erderwärmung zu begrenzen. Dr. Schulz machte in drastischen Schilderungen klar, dass der Klimawandel nicht nur direkte Gesundheitsfolgen durch Stürme, Überschwemmung, Hitze, Dürre und Feuer hat, sondern auch das Risiko von Infektionen, Unterernährung, Allergien, Armut, Konflikte und Migration erhöht. Diese Auswirkungen lassen auch die Zahl der Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern in die Höhe schnellen – wenig hoffnungsvoll, aber auch eine Chance für die Krankenhäuser, selbst aktiv zum Klimaschutz beizutragen. Optionen gibt es viele, zum Beispiel bei Immobilien und Mobilität, bei Lieferketten, Abfall und Recycling, bei Digitalisierung und transformativem Handeln.

Dr. med. Stephanie Snyder-Ramos, Fachärztin für Anästhesiologie am Krankenhaus Salem, Heidelberg, führte in ihrem Vortrag „Reduktion von CO2-Emissionen durch Narkosegasfiltersysteme“ unter anderem aus, wie sich mit dem nachhaltigen Gebrauch von Narkosegasen (Niedrigflussnarkosen) ihre Verwendung reduzieren und wie der Einbau von Narkosegasfiltern Narkosegase auffangen und recyceln lässt. Zum Verständnis: Eine im Rahmen einer Operation sechs Stunden währende Desflurannarkose mit einem Flow von 0,5 Litern pro Minute bei einem MAC (Minimale alveoläre Konzentration)-Wert von sechs Prozent entspricht der CO2-Emission einer Autofahrt von 898 Kilometern.

Weitere interessante Einblicke in Praxis und Forschung eröffneten Gerd Schäfer, Beauftragter für Abfall, Gefahrstoffe, Gefahrgut des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil Bochum („CO2-Bilanz von Abfallentsorgungskonzepten“) und Eike Matthies, Fakultät Ressourcenmanagement Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen („klimeva – Erfolgsmessung von Klimaschutzmaßnahmen im betrieblichen Mobilitätsmanagement“).

„Am Stopp der Erderwärmung kommen wir nicht vorbei …“

Das Fazit des Moderators Robert Färber, Referent des KGNW-Referats „Qualitätsmanagement, IT und Datenanalyse“: „Am Stopp der Erderwärmung kommen wir nicht vorbei, sonst droht die Todesstrafe für die gesamte Menschheit. Wir haben gesehen, dass mit viel Engagement und sogar mit wenig Geld schon eine Menge erreicht werden kann. Wir als KGNW würden gerne mithelfen, dass sich mehr – und hoffentlich alle – Krankenhäuser auf den Weg machen, dass die Häuser möglichst keine Umwege machen müssen, zum Beispiel wegen physischer oder finanzieller Hindernisse, und dass alle schneller werden.“