13. August 2008
Aktionsbündnis NRW zur „Rettung der Krankenhäuser – Der Deckel muss weg!“ fordert finanzielle Soforthilfe für Krankenhäuser
Düsseldorf, 13. August 2008 Ein in Nordrhein-Westfalen bisher einmaliges Aktionsbündnis zur Rettung der Krankenhäuser Der Deckel muss weg! hat auf der Auftaktpressekonferenz heute in Düsseldorf ein Ende der gravierenden Unterfinanzierung der Krankenhäuser gefordert.
In dem Aktionsbündnis haben sich 12 Institutionen und Verbände der Krankenhäuser und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammengeschlossen, um für eine Lösung der systematischen finanziellen Unterdeckung der Krankenhäuser als Folge der Deckelung der Krankenhausbudgets einzutreten.
Gemeinsam fordern die im Bündnis NRW vertretenen Institutionen und Verbände mit Nachdruck als Sofortmaßnahmen von Bund und Ländern
- Stoppt die Kürzungen,
- Weg mit dem Deckel auf den Krankenhausbudgets,
- Ausgleich für steigende Energie- und Sachkosten,
- Gegenfinanzierung der Tariflohnsteigerungen,
- Mehr Geld für Arbeitsplätze und Nachwuchssicherung.
„Die Deckelung der Krankenhausbudgets muss sofort aufgehoben werden, um die wirtschaftliche Existenz der Krankenhäuser zu sichern“, erklärte der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) und Initiator dieses Bündnisses, Karsten Gebhardt. Die permanenten Finanzprobleme der Krankenhäuser durch Anbindung an die Grundlohnrate müssten durch eine sofortige Umstellung der Finanzierungsgrundlagen der Krankenhäuser auf der Grundlage realistischer Kosten der Krankenhäuser und voller Einbeziehung von Tarifabschlüssen beendet werden.
Sylvia Bühler, beim ver.di-Landesbezirk zuständig für das Gesundheitswesen, ging auf die Situation der Patienten und der Beschäftigten in den Krankenhäusern ein. „Das Klinikpersonal hat ein Recht auf anständige Bezahlung. Lohnsteigerungen müssen gegenfinanziert werden, sonst verlieren die Berufe im Gesundheitswesen noch mehr an Attraktivität“, betonte Sylvia Bühler. „Die Krankenhäuser dürfen nicht kaputtgespart werden. Patienten brauchen neben Medikamenten und Medizintechnik auch ausreichend Klinikpersonal, das Zeit für sie hat.“
So erleben gut vier Millionen Patienten jährlich in NRW während ihres stationären Aufenthaltes in den 432 Krankenhäusern, dass die pflegerische und ärztliche Zuwendung aufgrund der massiv angestiegenen Arbeitsverdichtung und -intensivierung immer knapper ausfällt.
„Wie stark allein der Arzt-Patienten-Kontakt mittlerweile leidet, verdeutlicht ein internationaler Vergleich“, erklärte Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer und 1. Vorsitzender des Marburger Bundes – Bundesverband und Landesverband NRW/Rheinland-Pfalz. „In Großbritannien kommen auf einen Klinikarzt im Jahr 120 Patienten-Entlassungen, in Norwegen 102 und in der Schweiz sogar nur 69. In der Bundesrepublik leisten Klinikärzte dagegen Akkordarbeit. Ärzte haben hierzulande deutlich weniger Zeit für ihre Patienten. Jeder einzelne Arzt entlässt statistisch 146 Patienten pro Jahr.“ Wenn sich die finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser nicht deutlich verbessere, drohe weiterer Personalabbau, so Henke. „Die heute schon nicht mehr überhörbaren Klagen der Patienten würden sich dadurch nochmals vergrößern.“
Ludger Risse, Vorsitzender des Pflegerats NRW, unterstrich die Folgen der permanenten Unterfinanzierung der Krankenhäuser und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Patienten: „Wenn heute ein kranker und vielfach hilfsbedürftiger Mensch in die Klinik kommt, kann er nicht mehr darauf vertrauen auch pflegerisch so versorgt zu werden, wie es für seine Genesung dringend notwendig wäre. Es ist beschämend, dass die Politik dieses wissentlich zulässt und die Verantwortlichen in den Kliniken mit diesem Dilemma im Regen stehen lässt! Unsere Patienten und unsere überforderten Mitarbeiter in den Kliniken brauchen jetzt angemessene und verlässliche Arbeitsbedingungen.“
Dr. med. Günter R. Clausen, Vorsitzender der Dienstnehmervertretung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes in NRW, forderte auch für die kirchlichen Mitarbeiter der Diakonie und der Caritas in NRW eine bessere Ausstattung der Krankenhäuser mit finanziellen Mitteln, da die kirchlichen Mitarbeiter jahrelang keine Vergütungserhöhungen erhalten hätten. „Die Preise für Lebensmittel, Energie, Mieten mit Nebenkosten und die Mehrwertsteuererhöhung und die noch bevorstehenden Preissteigerungen im Herbst dieses Jahres können durch die gezahlten Gehälter im Krankenhaus nicht mehr ausgeglichen werden“ betonte Dr. Clausen, der auf die persönliche Zuwendung als unverzichtbarer Bestandteil der Behandlung und Pflege hinwies. Zu weiterem Personalabbau dürfe es deshalb nicht kommen.
Um ihrer Forderung nach Abschaffung der Budgetdeckelung als eine zentrale Ursache der gravierenden Unterfinanzierung Nachdruck zu verleihen, ist geplant, dass die Bündnispartner kurzfristig dezentrale regionale und örtliche Aktionen zur Unterstützung des bundesweiten Bündnisses „Rettung der Krankenhäuser“ koordinieren und abstimmen, Hierbei soll auch die Darstellung der Situation der Beschäftigten insbesondere des Pflegepersonals in den Krankenhäusern sowie die Auswirkungen auf die Patienten als Folge der Unterfinanzierung im Mittelpunkt stehen. Die geplanten Aktivitäten werden dann in eine zentrale bundsweite Großdemonstration unter großer Beteiligung der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser in Berlin am 25. September 2008 münden.