05. Januar 2007
Bundestagsberatung zur Gesundheitsreform verschoben
5. Januar 2007 - Der Gesundheitsfonds als ein zentralistisches Finanzierungsmodell ist wenig geeignet, die Gesetzliche Krankenversicherung nachhaltig umzubauen
Der Gesundheitsfonds als ein zentralistisches Finanzierungsmodell ist wenig geeignet, die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nachhaltig umzubauen, kommentierten die KGNW und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die Verschiebung der 2. und 3. Lesung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) im Bundestag.
„Die Verzögerung im parlamentarischen Verfahren verdeutlicht, dass die Bundesregierung jetzt erstmals in die Phase einer detaillierten Folgenabschätzung für den Kernbereich der Reform – den Gesundheitsfonds – eintritt“, erklärte Georg Baum der Hauptgeschäftsführer der DKG. Ein zentralistisches Finanzierungsmodell, ist wenig geeignet, die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nachhaltig umzubauen.
Auch die aktuell vorgelegte Auswertung des Gutachtens der Professoren Rürup und Wille im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erfasse nicht die gesamten regionalwirtschaftlichen Auswirkungen durch den Gesundheitsfonds. Die Experten hätten selbst auf diesen Umstand mangels fehlender Daten aus den Bundesländern hingewiesen, kritisierten KGNW und DKG.
Auch würden mit der Zentralisierung der Einnahmenseite die Weichen für die Zentralisierung der Vergütungssysteme gestellt. Für den Krankenhausbereich stehe die Vergütungsreform für den Zeitraum ab 2009 bevor, welche die Gesundheitsministerkonferenz der Länder im März 2007 erstmals beraten wolle. Stattdessen würden nun im GKV-WSG mit einem bundeseinheitlichen Kassenbeitrag Fakten geschaffen, waren sich KGNW und DKG in ihrer Kritik einig. So könne eine Finanzreform der GKV erst nach dem Abschluss der Krankenhaus-Vergütungsreform stehen. Es gebe daher gute Gründe, die Finanzierungsreform in die nächste Legislaturperiode zu verschieben.
Ein Sanierungsbeitrag der Kliniken, der als Kassenentschuldungs-Beitrag zum Fondsstart angelegt wurde, wäre damit auch hinfällig, so KGNW und DKG. Zudem müssten die 500 Millionen Euro, die die Krankenhäuser zugunsten des Bundeshaushaltes aufbringen sollen, ebenfalls in die finanzwirtschaftlichen Belastungsanalysen von Bund und Ländern einbezogen werden.
Auch müsse nüchtern festgestellt werden, dass die Haushaltssituation des Bundes deutlich günstiger in 2006 ausgefallen ist als erwartet. Ein Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser als Ausgleich für gekürzte Bundeszuschüsse an die GKV könne mithin von niemandem mehr ernsthaft begründet werden.
Beratungen im Bundestag und Bundesrat
Nach der Verschiebung der Beratung des Gesetzes im Bundestag, die auf Wunsch der CDU/CSU-Fraktion erfolgte, werden die Änderungen am Gesetzentwurf voraussichtlich in der Sitzung des Gesundheitsausschusses am 31. Januar 2007 beschlossen und am 2. Februar 2007 durch das Plenum des Bundestages verabschiedet.
Die Änderungen werden derzeit auf der Bundesebene zwischen den Koalitionsfraktionen und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) abgestimmt. Die entsprechenden Beratungen werden möglicherweise noch den gesamten Monat Januar andauern. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich am 15. Januar 2007 in einer Sondersitzung ausführlich mit der Gesundheitsreform befassen.
Nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag beginnt das Zustimmungsverfahren im Bundesrat. Der Bundesrat befasst sich voraussichtlich in seiner ersten Plenarsitzung in diesem Jahr am 16. Februar 2007 mit dem – dann durch den Bundestag veränderten – Gesetz. Bei dieser Sitzung entscheiden die Länder, ob sie dem Gesetz zustimmen oder den Vermittlungsausschuss anrufen. Dies wird davon abhängen, ob die Änderungswünsche der Länder durch die Änderungen im Bundestag bereits ausreichend berücksichtigt wurden. Andernfalls gibt es eine neue Verhandlungsrunde Bund-Länder im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat. Diese Verhandlungen beschränken sich allerdings meist auf die Streitpunkte, zu denen der Vermittlungsausschuss angerufen wurde.
Die Änderungswünsche der Länder waren bereits in der Bundesratssitzung am 15. Dezember 2006 in Form einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf formuliert worden. Die aus Sicht der Krankenhäuser wichtigsten Forderungen der Länder waren:
· Die vollständige Rücknahme des „Sanierungsbeitrages“, also keine Rechnungskürzung, keine Absenkung des Mindererlösausgleiches und keine Streichung des Anspruches auf Rückzahlung zuviel einbehaltenen Pauschalabzuges nach § 140d SGB V,
· Reform des Belegarztsystems durch eine Eingliederung der Vergütungen ins DRG-System ab 2008, also Ausgliederung der belegärztlichen Vergütungssumme aus den Budgets der Kassenärztlichen Vereinigungen und entsprechende Erhöhung der Landesbasisfallwerte, eigene Fallpauschalen für Belegfälle, Vergütung der Belegärzte durch die Krankenhäuser,
· Neuorganisation des Gemeinsamen Bundesausschusses nur mit Zustimmung des Bundesrates und Erhalt der Selbstverwaltung durch weiterhin ehrenamtliche (nicht: hauptamtliche) Vertretung der Verbände.
Vorläufiger Zeitplan
Der vorläufige Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens ist demnach:
31.01.2007 Der Gesundheitsausschuss des Bundestages beschließt die Änderungen.
02.02.2007 Das Plenum des Bundestages verabschiedet das geänderte Gesetz.
08.02.2007 Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates berät das geänderte Gesetz.
16.02.2007 Das Plenum des Bundesrates stimmt dem geänderten Gesetz zu oder ruft den Vermittlungsausschuss an, um weitere Änderungen zu verhandeln.
Sollte der Vermittlungsausschuss angerufen werden, müsste ein dort verhandelter Kompromiss nochmals von Bundestag und Bundesrat bestätigt werden. Das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April 2007 wäre auch unter diesem neuen Zeitplan möglich.