07. Februar 2006
Drohende finanzielle Belastungen für Krankenhäuser durch AVWG- Gesetzentwurf
07.02.2006 - Durch die vorgesehene Abschaffung der Möglichkeit der Gewährung von Arzneimittelrabatten und die Umstellung der Berechnungsmethodik für die Veränderungsrate drohen finanzielle Verluste.
Die Bundestagsfraktionen CDU/CSU und SPD haben einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) eingebracht, der zentrale Regelungen mit gravierenden finanziellen Belastungen für die Krankenhäuser enthält. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Abschaffung der Möglichkeit der Gewährung von Arzneimittelrabatten durch die Änderung des Heilmittelwerbegesetzes und die Umstellung der Berechnungsmethodik für die Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 SGB V für die Jahre 2006 und 2007 haben negative Auswirkungen auf die Budgets der Krankenhäuser.
Die KGNW hat in einem Schreiben an die nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten appelliert, dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung nicht zu zustimmen. Wie von der Bundesregierung vorgesehen soll der Entwurf nach Beratungen im Gesundheitsausschuss am 15. Februar 2006 sowie in zweiter und dritter Lesung im Bundestag am 17. Februar 2006 verabschiedet werden und dann den Bundesrat als zustimmungsfreies Gesetz am 10. März 2006 passieren. Am 1. April 2006 soll das Gesetz in Kraft treten.
Die KGNW hat in ihrem Schreiben darauf hingewiesen, dass in einem Willkürakt der Koalitionsregierung allein durch die vorgesehene Umstellung der Berechnungsmethodik für die Veränderungsrate dem Krankenhausbereich bundesweit weitere 150 Millionen Euro entzogen werden. Für die Krankenhäuser sei es nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung einerseits innovative Arbeitszeitmodelle in den Kliniken bundesweit mit rund 100 Millionen Euro jährlich fördere, zugleich aber mit dem vorliegenden Entwurf 150 Millionen Euro dem Krankenhausbereich entziehe.
Aufgrund der veränderten Berechnungsmethodik wird die vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) am 13. September 2005 für das Jahr 2006 festgelegte Veränderungsrate von + 0,83 Prozent in den „alten“ Bundesländern auf bundesweit einheitlich 0,63 Prozent für den Krankenhausbereich abgesenkt, d.h. die Krankenhausbudgets werden im Jahr 2006 nur noch um 0,63 Prozent angehoben. Grund für die Absenkung ist, dass die Veränderungsrate nicht mehr pro Mitglied, sondern pro Versichertem ermittelt werden soll. Begründet wird dies mit einer Verschiebung von Mitgliedern zu Versicherten infolge von Hartz IV.
Durch die Absenkung der Veränderungsrate werde sich die extrem schwierige finanzielle Situation vieler Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen weiter verschärfen, denn die Krankenhäuser müssen im kommenden Jahr Personal- und Sachkostensteigerungen von drei bis fünf Prozent verkraften, heißt es im KGNW-Schreiben an die nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten.
Selbst bei einer Veränderungsrate in Höhe von +0,83 Prozent könnten diese Steigerungsraten sowie die Kostensteigerungen im Arzneimittelbereich von den Krankenhäusern nicht kompensiert werden. Sollte die Veränderungsrate aber nun auf 0,63 Prozent abgesenkt werden, drohe allein den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern ein finanzieller Verlust von 50 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren – und das vor dem Hintergrund, dass sich das Land Nordhein-Westfalen immer mehr aus seinen gesetzlichen Verpflichtungen, die in dem entsprechenden Bundesgesetz verankert sind, zurückzieht, jährlich ein Investitionsprogramm in ausreichendem Umfang aufzustellen.
Weitere finanzielle Belastungen für die Krankenhäuser seien durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Abschaffung von Arzneimittelrabatten in Krankenhausapotheken zu erwarten, hebt die KGNW in ihrem Schreiben hervor. Nach KGNW-Berechnungen kann der damit verbundene Wegfall der bislang gewährten Naturalrabatte Kostensteigerungen in den Krankenhäusern im Arzneimittelbereich zwischen 5 - 15 Prozent auslösen.
Nach KGNW-Berechnungen sind mit dem drohenden Wegfall von Naturalrabatten weitere Kostensteigerungen in Höhe von jährlich bis zu 50 Millionen Euro für die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser ohne Refinanzierungsmöglichkeit verbunden.
Bundesweit beziehen die Krankenhäuser jährlich für etwa 2,6 Mrd. Euro Arzneimittel. Anders als im niedergelassenen Bereich gebe es hier keine festen Herstellerabgabepreise, betont die KGNW. In den Krankenhäusern werde der überwiegende Teil der bezogenen Arzneimittel im Klinikbetrieb selbst verbraucht und es werde nur ein sehr geringer Teil der Arzneimittel nach neuen gesetzlichen Regelungen direkt an Patienten abgegeben und den Krankenkassen in Rechnung gestellt. Die Preisbildung für diese Arzneimittel erfolge in freien Verhandlungen mit den Krankenkassen. Die Arzneimittel, die im Krankenhaus verbraucht werden, gingen in die Fallpauschalen als Kostenfaktor, wie andere Kostenfaktoren auch, ein
Es gehöre zum betriebswirtschaftlichen Selbstverständnis eines jeden Krankenhauses unter DRG-Bedingungen, Arzneimittel wie alle andren Produkte, die im Krankenhaus ge- und verbraucht werden, so kostengünstig wie möglich auf den Beschaffungsmärkten einzukaufen. Die KGNW weist darauf hin, dass dabei Rabatte ein wichtiges Instrument seien. Eine Unterscheidung zwischen Preisrabatten und Naturalrabatten dürfte dabei regelmäßig kaum möglich sein. Ob jede 5. Packung umsonst abgegeben wird oder ob pro Packung ein Rabatt von 20 Prozent ausgehandelt wird, ist im Ergebnis das gleiche. Das Beispiel mache deutlich, dass Naturalrabatte nur im administrativen Preisbildungssystem des niedergelassenen Bereichs ein Thema sein können. Ein Verbot von Naturalrabatten im Krankenhausbereich würde eher die beliefernde Industrie in der Abwehr von Preisnachlässen stärken. Die könne nicht gewollt sein.