Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland

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Hintergründe

Unabhängig von den bisherigen bundes- und landespolitischen Aktivitäten ist davon auszugehen, dass sich der Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen demografisch bedingt weiter verschärfen wird. Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) beschreibt schon 2019 in seinem Gutachten zur Personalsituation mit dem Titel „Situation und Entwicklung der Pflege bis 2030“, dass im Krankenhaus rund 63.000 zusätzliche Vollkräfte erforderlich wären.

Auch zeigt das Krankenhausbarometer 2022 des DKI einen Zusammenhang zwischen Pandemie und erhöhten Kündigungen im Pflegedienst auf.

Der Entlastungstarifvertrag der Universitätskliniken NRW in 2022, die gesetzlichen Anforderungen der Pflegepersonaluntergrenzen als auch die Krankheitsstände verdeutlichen die Brisanz des Fachkräftemangels.

Eine systematische und gezielte Auseinandersetzung zum Thema Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland erfolgte zudem im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege. Zwei Berichte wurden im November 2020 und im August 2021 veröffentlicht. Ebenfalls im Jahr 2020 trat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft, das durch eine Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden ein sogenanntes beschleunigtes Fachkräfteverfahren für Arbeitgeber mit planungssicheren Fristen ermöglicht.

Zu den weiteren wesentlichen Neuerungen, die auch in den Pflegeberufen Wirkung entfalten, gehören:
  • ein einheitlicher Fachkräftebegriff, der Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung umfasst,
  • der Verzicht auf eine Vorrangprüfung bei anerkannter Qualifikation und Arbeitsvertrag beziehungsweise konkretem Arbeitsplatzangebot,
  • die Möglichkeit für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung entsprechend der bestehenden Regelung für Hochschulabsolventen, für eine befristete Zeit zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu kommen (Voraussetzung: deutsche Sprachkenntnisse und Lebensunterhaltssicherung), und
  • verbesserte Möglichkeiten zum Aufenthalt, um an Qualifizierungsmaßnahmen im Inland mit dem Ziel der Anerkennung beruflicher Qualifikationen teilzunehmen.


Wo finden sich weitere wichtige Informationen rund um die Gewinnung von Gesundheitsfachkräften aus dem Ausland?

Die Vorgaben des „Globalen Verhaltenskodex der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Internationale Anwerbung von Gesundheitskräften“ gelten sowohl bundes- als auch landespolitisch für eine faire Anwerbung als wichtige Grundlage. Das Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“, das dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gehört, setzt die Vorgaben um.

Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Fachkräftesicherung zu unterstützen. Dies gilt auch und insbesondere für die Pflege. Die Versorgungssicherheit sowie eine gute professionelle Pflege sollen vorrangig durch Pflegekräfte aus dem Inland und der Europäischen Union gewährleistet werden. Immer mehr Pflege- und Gesundheitsunternehmen machen sich jedoch auch im außereuropäischen Ausland auf die Suche nach Pflegefachkräften. Das Deutsche Kuratorium für Altershilfe (kda) entwickelte hierfür ein Konzept und Qualitätsstandards für eine faire und nachhaltige Anwerbung von internationalen Fachkräften aus Drittstaaten, an denen sich die Arbeitgeber orientieren können.

Weitere Projekte und erfahrene Partner befassen sich mit der Rekrutierung aus dem Ausland und unterstützen Einrichtungen, unter anderem mit Förderprogrammen:



Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) verweist auf zahlreiche Leitfäden zur Anerkennung ausländischer Ausbildungen:


Weitere wichtige Adressen zur beruflichen Anerkennung von Gesundheitsfachberufen in Deutschland (NRW und Bund):



Philippinische und mexikanische Pflegekräfte am Universitätsklinikum Bonn

© Universitätsklinikum Bonn/UKB





Einer der Vorreiter in Nordrhein-Westfalen ist das Universitätsklinikum Bonn (UKB). Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist hier 2020 im Rahmen der „Global Skills Partnerships“ ein Projekt zur Ausbildungspartnerschaft mit zwei Universitäten auf den Philippinen sowie mit einer Universität in Mexiko ins Leben gerufen worden. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Kooperationspartner die Bertelsmann Stiftung. Vorausgegangen war ein mehrjähriges Auswahlverfahren des UKB mit der GIZ und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des „Triple-Win“-Projektes. Auf den Philippinen sollen Pflegekräfte während des Studiums neben der Vorbereitung auf eine Tätigkeit im Heimatland auch die deutsche Pflegeausbildung kennenlernen. In Mexiko wurden bereits qualifizierte Pflegefachkräfte bei einer zwölfmonatigen fachlichen und sprachlichen Schulung für den deutschen Arbeitsmarkt gerüstet. Im September 2022 trafen dann die ersten 23 teilnehmenden mexikanischen Pflegefachkräfte in Deutschland ein (Foto). „Die Pflegenden werden nach ihrer Ankunft in Frankfurt in die Endphase des Projektes starten, das heißt, nach weiteren Fortbildungen in Bonn werden sie nach erfolgreichem Abschluss die deutsche Berufsanerkennung erhalten und ihre Tätigkeit am UKB beginnen“, kündigte Alexander Pröbstl, Pflegedirektor des UKB, an.


Internationale Pflegefachkräfte an den St. Vincenz-Kliniken Salzkotten und Paderborn

Seit 1. Mai 2021 arbeitet mit Theresa Kneuertz eine Managerin für internationale Pflegekräfte in den St. Vincenz-Kliniken Salzkotten und Paderborn. Inzwischen haben dort 24 Pflegefachkräfte ihre Berufszulassungen erhalten, 17 sind aktuell im Anpassungslehrgang (Stand: Juni 2023). Eine eigens eingerichtete Webseite richtet sich an internationale Bewerberinnen und Bewerber und beantwortet die wichtigsten Fragen.

© St. Vincenz-Kliniken

Eine der internationalen Pflegekräfte ist Denalda Kasa (Foto). Sie arbeitet seit Juli 2021 im St. Vincenz-Krankenhaus und erzählt im Interview von ihren Erfahrungen:

Warum haben Sie sich gerade für diesen Beruf entschieden?
„Pflege ist ein Beruf mit Sinn. Das ist mir im Alltag besonders wichtig. Jeden Tag lerne ich etwas Neues, was mir sehr gut gefällt. Besonders mein Vater hat mich dabei unterstützt, dass ich in Albanien mein Pflegestudium absolviere.“

Wie kamen Sie darauf nach Deutschland bzw. nach Paderborn zu kommen?
„In Albanien gab es keine Möglichkeiten, als Pflegefachkraft zu arbeiten. Dort habe ich zwar Pflege studiert, allerdings findet man in Albanien – im Gegensatz zu Deutschland – als Krankenschwester nur schwer einen Job. Einen Pflegekräftemangel gibt es dort nicht, daher habe ich trotz meines Abschlusses als Verkäuferin gearbeitet. Deutschland ist mein „Traumland“ gewesen. Auf Paderborn kam ich erst, als mir Freunde davon berichteten und ich mich über das Internet darüber informiert habe. Ich finde Paderborn super, da es nicht zu groß ist, aber man trotzdem alles hat, was man braucht.“

Was ist das Schönste, was ein Patient mal zu Ihnen gesagt hat?
„Mich freut es immer sehr, dass die Patientinnen und Patienten so interessiert sind. Viele fragen mich woher ich komme und loben mich dafür, wie gut ich deutsch spreche und wie gut ich meine Arbeit mache. Einige sagen auch, dass sie mich nie vergessen werden. Das finde ich toll!“

Welche Herausforderungen sind Ihnen auf dem Weg begegnet?
„Die Bürokratie hier war sehr kompliziert. Eigentlich sollte ich schon längst meine Prüfungen hinter mir haben, aber da leider bestimmte Papiere fehlten, zog sich alles nach hinten. Das finde ich natürlich sehr schade. Die Sprache ist tatsächlich kein großes Problem mehr, da ich direkt zu Beginn einen Deutschkurs besucht habe und hier jeden Tag dazulerne. Es war auch kein einfacher Schritt, meine Familie in Albanien vorübergehend zu verlassen. Bald wird mein Mann nach Deutschland nachkommen, darauf freue ich mich schon sehr. Der Weg bis hier hin war nicht einfach, deshalb sage ich auch nicht, dass es ein glücklicher Zufall ist, sondern dass ich es mir hart erarbeitet habe. Darauf bin ich sehr stolz!“